Geschichte des Bundesligisten FC Bayern: Ein Stürmerstar im KZ

Eine Graphic Novel zeigt Oskar „Ossi“ Rohr. Der Stürmer schoss den FC Bayern zur ersten Meisterschaft, wurde von den Nazis verfolgt – und vergessen.

Zeichnung einer Fußballmannschaft. Fans rufen "Bayern, Bayern"

Ein Fußballtriumph dank „Ossi“ Rohr (Abbildung aus dem besprochenen Band) Foto: Carlsen-Verlag

Mit der Serie, die man mittlerweile Rekordmeisterschaft nennt, ging es beim FC Bayern München 1932 los. Am 12. Juni verwandelte Oskar Rohr, den alle nur „Ossi“ nannten, einen Elfmeter, das Finale endete mit einem 2:0-Sieg über Eintracht Frankfurt, und das erste Tor erzielte dieser Ossi Rohr. Zwanzig Jahre alt war er da, Nationalspieler war er auch schon.

Wie es mit Ossi Rohr weiterging, warum er es nur auf vier Nationalmannschaftseinsätze – und dort fünf Tore! – brachte, das hat viel mit dem zu tun, was 1933 in Deutschland passierte. Eine wirklich sensationelle Graphic Novel von Julian Voloj und Marcin Podolec erklärt uns nun, dass Ossi Rohr gerade deswegen eine so wichtige historische Persönlichkeit ist, weil er nur Fußballer war. Beim VfR Mannheim wurde er entdeckt, ging bald zu Bayern München.

Dort wirkte Trainer Richard Dombi. „Dombi“ war ursprünglich sein Spitzname, aber dieser Richard Kohn wollte im antisemitischen Umfeld nicht mit einem jüdischen Namen herumlaufen. Bei Bayern traf Ossi nicht nur auf Dombi, sondern auch auf den Präsidenten Kurt Landauer und auf den Jugendtrainer Otto Albert Beer.

Die Besonderheit, die Ossi Rohr aus guten Gründen schlicht egal war: Sie waren Juden, und nach 1933 wurden sie zunächst verdrängt, später verfolgt oder ins Exil getrieben. Dombi ging zu den Grasshoppers nach Zürich, Landauer kam ins KZ Dachau, konnte danach in die Schweiz emigrieren, und Beer wurde 1941 nach Litauen deportiert und ermordet.

Ossi merkte, dass Fußball, also ein weltoffenes Leben, nicht mehr funktionierte und ging zunächst auch nach Zürich, obwohl Dombi da schon nicht mehr dort wirkte. Später spielte Ossi bei Racing Strasbourg, ebenfalls damals ein europäischer Spitzenklub. Er fühlte sich wohl, auch weil er, der doch nur Fußball spielen wollte und der doch selbst kein Jude war, schneller zu seinen Eltern nach Mannheim reisen konnte. „Verräter“ musste er sich auf den Straßen anhören.

Julian Voloj, Marcin Podolec: „Ein Leben für den Fußball. Die Geschichte von Oskar Rohr“. Hamburg 2020: Carlsen-Verlag, 152 Seiten, 22 Euro

Bald marschierte die Wehrmacht in Strasbourg ein. Rohr wich nach Südfrankreich aus, spielte beim FC Sète, doch als der 1942 das Pokalfinale erreichte, konnte Ossi nicht mit: Die Wehrmacht war schon in Paris, es war zu gefährlich für den Nur-Fußballer. Das französische Vichy-Regime ließ ihn wegen „kommunistischer Propaganda“ verhaften und lieferte ihn an die Deutschen aus.

Der Stürmerstar kam ins KZ, wurde später an die Ostfront versetzt. Nur ein Zufall – ein Offizier, der Bayern-Fan war, half ihm – sorgte dafür, dass Ossi den Krieg überlebte. Nach 1945 spielte er noch bei ein paar Klubs, in Augsburg, Mannheim und Pirmasens, später arbeitete er für die Stadt Mannheim, er starb 1988.

Dieses Leben, das so viel Lehrreiches über die deutsche Fußball- und andere Geschichte vermittelt, haben nun Julian Voloj und Marcin Podolec gezeichnet.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.