Gescheiterter Drohnenkauf: Verteidigungsminister im Blindflug
Thomas De Maizière gibt zu, dass die Beschaffung von Rüstungsgerät nicht funktioniert. Das Debakel um die Aufklärungsdrohne wird teuer.
BERLIN taz | Monatelang hat das Verteidigungsministerium gezögert zuzugeben, dass die Bundeswehr ihre fünf Aufklärungsdrohnen Euro Hawk nicht bekommen wird. Die letzten Testflüge mit hübschen Bildern für die Medien wurden veranstaltet, als die Zuständigen schon wussten, dass es niemals Routineflüge über Deutschland geben wird: Das Fluggerät, das aus bis zu 20.000 Metern Höhe spähen und filmen kann, ist nicht zulassungsfähig. Der US-Hersteller Northrop Grumman liefert nicht so, wie das deutsche Zulassungswesen es verlangt.
Kurz bevor Minister Thomas de Maizière (CDU) am Donnerstag seinen Zwischenbericht zur Bundeswehrreform vorlegte, wollte er die böse Nachricht halbwegs kontrolliert in die Welt setzen. Es sollte so aussehen, als wenn die Ursache für das teure Euro-Hawk-Desaster durch die Reform gelöst werde: Denn ein wichtiges Ziel der 2010 beschlossenen „Neuausrichtung“ der Bundeswehr ist neben einer Entschlackung und Verkleinerung des Apparats auch eine bessere interne Verständigung.
Es gebe „unzureichende Abläufe der Rüstungsbeschaffung und -nutzung“, gab de Maizière am Donnerstag im Bundestag zu. „Die Bedarfsträger“ – gemeint ist die Luftwaffe – „wollen schnell das Allerbeste haben.“ Doch andere Abteilungen organisieren die Bezahlung des Allerbesten, und die Dritten schließlich brüten darüber, unter welchen Bedingungen es fliegen darf.
Im Fall der Drohne findet selbst das Ministerium, dass man intern längst hätte darüber reden müssen, wie das zusammenpasst – nämlich gar nicht. De Maizière versprach am Donnerstag, der Entscheidungsweg werde nun „chronologisch genau“ aufgearbeitet.
Vorwurf der Lüge
Die Verteidigungspolitiker der Opposition ließen den Minister nicht mit einem kleinen Reformreferat davonkommen. Rainer Arnold (SPD) warf ihm vor, sogar das Kabinett belogen zu haben – die fünf Euro Hawks stehen noch in der Beschaffungstabelle des vor wenigen Tagen verabschiedeten Bilanzpapiers.
Die Parole „lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende“ mochte der Grüne Omid Nouripour nicht stehen lassen: „Ein Ende des Schreckens ist noch überhaupt nicht absehbar“, rief er.
Bei seinem Auftritt im Verteidigungsausschuss tags zuvor hatte Verteidigungsstaatssekretär Stéphane Beemelmans weder sagen können, seit wann der Spitze des Hauses das Problem bekannt war, noch wie hoch man den Schaden beziffere. Je nachdem, was von der Überwachungstechnik noch woanders verwendbar ist, schwanken die Schätzungen zwischen 200 und 700 Millionen Euro.
Unerwähnt ließen die Kritiker dabei, dass das Debakel um die Euro Hawk ihnen eine andere Forderung erfüllen könnte. Denn nachdem schon die Aufklärungsdrohne nicht über Deutschland fliegen darf, weil etwa ihre Steuerung Fragen aufwirft, hat das Ministerium dem Vernehmen nach den Erwerb einer Kampfdrohne noch weiter als bisher aufgeschoben.
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