Geschäft mit Gutscheinen: Ein Geschenk für den Handel
Über Gutscheine unter dem Weihnachtsbaum freuen sich vor allem die Händler. Denn bis zu 50 Prozent werden gar nicht erst eingelöst.
„Das größte Problem ist, dass die Leute die Gutscheine vergessen und dann nicht mehr einlösen können“, erklärt Julia Rehberg von der Verbraucherzentrale Hamburg. Wer an Weihnachten einen Gutschein bekam, hat grundsätzlich drei Jahre Zeit, ihn einzulösen. Die Frist beginnt aber erst ab Ende des Jahres – Gutscheine von diesem Weihnachten können also noch bis Ende 2019 eingelöst werden. Wenn die drei Jahre verstreichen oder der Laden pleitegeht, hat man keinen Anspruch mehr auf die Leistung.
Dann ist der eigentliche Beschenkte der Laden, von dem der Gutschein kommt: „Für Händler ist das ein sehr lukratives Geschäft“, sagt der Marketingwissenschaftler Thorsten Hennig-Thurau von der Universität Münster. Ihm zufolge werden 10 bis 50 Prozent der Gutscheine gar nicht eingelöst. Gutscheine seien für die Läden eine Marketingmethode und ein Mittel der Kundenbindung, so der Wissenschaftler.
Dass sich das wirklich lohnt, zeigen die Zahlen: „In den letzten zwei Monaten des Jahres machen die Händler drei Prozent ihres Jahresgeschäfts mit Gutscheinen und Bargeldgeschenken“, sagt Kai Falk, Sprecher des Einzelhandels. Das entspreche etwa 3 Milliarden Euro. Wenn davon auch nur 10 Prozent nicht eingelöst würden, wäre das schon ein Gewinn von 300 Millionen Euro – allein durch die Gutscheine aus dem Weihnachtsgeschäft.
Wer seine Geschenke lieber selbst in Empfang nehmen will, sollte also aufpassen, wie lang der Gutschein gültig ist: „In bestimmten Fällen können Gutscheine auf ein Jahr befristet werden, kürzer aber nicht. Zum Beispiel könnten die Personalkosten oder die Mietkosten steigen, sodass der Dienstleister die Leistung nicht mehr für den gleichen Wert anbieten kann und einen Verlust machen würde“, erklärt Verbraucherschützerin Rehberg.
Das gelte aber nur bei Gutscheinen über eine bestimmte Leistung, beispielsweise einen Friseurbesuch oder eine Massage: „Wenn es ein Gutschein über einen bestimmten Geldbetrag ist, darf der meiner Ansicht nach nicht befristet werden“, sagt Rehberg. Denn dann könne man für den gleichen Betrag einfach weniger Leistung erhalten. Wer jetzt verwirrt ist, kann beruhigt sein: „Wie lange der Gutschein gültig ist, muss drauf stehen. Es muss gut lesbar sein, sodass der Kunde es zur Kenntnis nehmen kann.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
FDP stellt Wahlkampf Kampagne vor
Lindner ist das Gesicht des fulminanten Scheiterns
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Wahlkampf-Kampagne der FDP
Liberale sind nicht zu bremsen
Greenpeace-Vorschlag
Milliardärssteuer für den Klimaschutz
Katja Wolf über die Brombeer-Koalition
„Ich musste mich nicht gegen Sahra Wagenknecht durchsetzen“
Paragraf 218 im Rechtsausschuss
CDU gegen Selbstbestimmung von Frauen