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Gerichtsanordnung nach Gräuel-TweetsLe Pen wehrt sich gegen Gutachten

Marine Le Pen verbreitete Fotos von Enthauptungen auf Twitter. Nun ordnet die Justiz eine psychiatrische Untersuchung an.

Über Marine Le Pens psychischen Zustand soll ein Gutachten erstellt werden Foto: imago/PanoramiC

Paris afp/taz | Die französische Rechtspopulistin Marine Le Pen wehrt sich gegen ein psychiatrisches Gutachten, das die Justiz von ihr wegen der Verbreitung islamistischer Gräuelfotos angeordnet hat. Die 50-Jährige veröffentlichte am Donnerstag im Online-Netwerk Twitter ein Gerichtsschreiben, in dem eine Expertise durch eine Psychiaterin „innerhalb kürzester Zeit“ angefordert wird. „Es ist einfach haarsträubend“, schrieb Le Pen. Das System beginne, ihr wirklich Angst zu machen. Sie werde behandelt wie eine Pädophile oder sexuell Gestörte.

Die Psychiaterin soll laut dem Gericht in Nanterre bei Paris einschätzen, ob die Rechtspopulistin zurechnungsfähig war, als sie im Dezember 2015 brutale Fotos der Dschihadistenmiliz „Islamischer Staat“ (IS) auf Twitter teilte. Sie soll zudem prüfen, ob „der geistige Zustand der Betroffenen die öffentliche Ordnung oder die Sicherheit von Personen bedroht“.

Die Bilder zeigen unter anderem einen Mann, der bei lebendigem Leib in einem Käfig verbrannt wird. Deshalb drohen Le Pen in dem laufenden Verfahren drei Jahre Haft und 75.000 Euro Geldstrafe wegen „Verbreitung von Gewaltbildern“. Darauf stehen in Frankreich zum Schutz von Minderjährigen harte Strafen.

Das Parlament hat die Immunität Le Pens bereits aufgehoben. Die Chefin der Partei Rassemblement National (Nationale Sammlungsbewegung, die frühere Front National) betont, sie habe nach den Anschlägen in Paris mit 130 Toten vom November 2015 den „Horror des IS anprangern“ wollen. Sie wehrte sich damit nach eigenen Angaben gegen den Vergleich des Front National (FN) mit der Terrororganisation IS.

Die Psychaterin soll zudem prüfen, ob der geistige Zustand der Betroffenen die öffentliche Ordnung oder die Sicherheit von Personen bedroht

Die Reaktionen auf die Ankündigungen fielen sehr gespalten aus. Der französische Linkspopulist Jean-Luc Ménenchon kritisierte, „mit derartigen Mitteln kann man die extreme Rechte nicht zurückdrängen.“ Le Pen sei sehr wohl für all ihre Taten und Aussagen verantwortlich, das dürfe nicht in Frage gestellt werden. Experten zeigen sich währenddessen besorgt darüber, dass Le Pen diese rechtliche Anordnung als politischen Vorgang einordnet. Sie unterstelle, die Justiz sei politisiert.

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3 Kommentare

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  • Die glücklichen Franzosen! Ja, hätten wir einen solchen Paragraphen, wie viele Politiker könnten wir zur Untersuchung schicken!

  • Sowas ist eigentlich eher Mittel der Diktatur. Wer nicht übereinstimmt mit der Regierung, muss psychisch krank sein.

    Im Ostblock war das Standard.

    In Lateinamerika auch, aber nur bis zu einer gewissen sozialen Schicht; alle Oppositionellen darunter wurden einfach abgeknallt. Reine Kostenfrage.

    [Die Franzosen und ihr "neuer" Perón sind also auf gutem Wege. Die Justiz macht freiwillig mit. Wie bei Perón].

  • "Der französische Linkspopulist Jean-Luc Ménenchon kritisierte, „mit derartigen Mitteln kann man die extreme Rechte nicht zurückdrängen.“ Le Pen sei sehr wohl für all ihre Taten und Aussagen verantwortlich, das dürfe nicht in Frage gestellt werden."

    Recht hat er.