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Gericht untersagt UmbenennungTürkischer Nachname bleibt

Eine Familie mit türkischem Vater wollte den Namen der Mutter annehmen – um Diskriminierung zu vermeiden. Das hat ein Gericht untersagt.

In England wäre es möglich, sich einen Namen aus Russisch Brot zusammenzuwürfeln und annehmen. In Deutschland nicht, denn der Nachname hat eine wichtige „Ordnungsfunktion“. Foto: dpa

BERLIN taz | Dieses Urteil dürfte für viele Diskussionen sorgen: Eine deutsch-türkische Familie wollte ihren türkischen Nachnamen ablegen, damit sie nicht mehr diskriminiert wird. Das sei jedoch keine ausreichende Begründung für eine Namensänderung, stellte das Verwaltungsgericht Braunschweig in einem jetzt veröffentlichten Urteil fest.

Die klagende Familie besteht aus einem türkischstämmigen Vater, einer deutschen Ehefrau und zwei Zwillingssöhnen. Der Vater war 1991 nach Deutschland gekommen und 2004 eingebürgert worden. Bei der Hochzeit im Jahr 2005 nahm die Familie den Namen des Vaters an. 2012 beantragten sie jedoch, den Namen zu ändern. Künftig will die Familie den deutschen Geburtsnamen der Mutter tragen.

Der türkische Familienname führe ständig zu Problemen, so die Begründung der Familie. Selbst die Mutter werde am Telefon gefragt, ob sie deutsch verstehe. Vertragspartner notierten den Namen falsch, sodass es später Probleme beim Abruf der Leistung gebe. Besonders müssten die Kinder leiden. Im Kindergarten seien die Söhne in einer Sprachfördergruppe gelandet, obwohl sie altersentsprechend gut deutsch sprachen.

Die Einschulung sei wegen angeblicher Konzentrationsmängel ein Jahr zurückgestellt worden. So wurden die Kinder aus ihrem Freundeskreis herausgerissen. Die Eltern glauben, dass dies jeweils auf den türkisch klingenden Nachnamen zurückzuführen sei. Ausschließlich der Nachname verhindere derzeit, dass die Kinder „selbstverständlich als Deutsche unter Deutschen akzeptiert werden und ungestört aufwachsen“.

Wichtige Ordnungsfunktion

Das Standesamt Braunschweig hatte die Namensänderung abgelehnt. Dagegen klagten die Eltern beim Verwaltungsgericht – jedoch ohne Erfolg. Der Nachname habe eine wichtige „Ordnungsfunktion“ und könne daher laut „Gesetz über die Änderung von Familiennamen“ nur aus „wichtigem Grund“ geändert werden – etwa wenn der Name zu schweren psychischen Problemen führe.

Ein solcher Grund liege hier nicht vor, so das Gericht. Die Familie hätte ja gleich bei der Heirat den Namen der Frau annehmen können, argumentierten die Richter, schließlich habe der Mann schon seit 1991 mit seinem Namen in Deutschland gelebt.

Absichtliche und unbeabsichtigte Diskriminierungen seien zwar zu missbilligen, könnten aber keine Namensänderung rechtfertigen, so die Richter. Gegen die vermeintlich ungerechtfertigte Rückstellung vom Schulbesuch hätten die Eltern klagen können. Bei späteren Probleme der Söhne in der Ausbildung und im Beruf könnten sie sich auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz berufen. „Die Familie überlegt noch, ob sie Rechtsmittel gegen das Urteil einlegt“, sagte ihre Anwältin auf Nachfrage. (Az.: 5 A 5/14)

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9 Kommentare

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  • Ich habe es so ähnlich erlebt. Ein türkischer Name garantiert bestimmte Reaktionen und zwar immer. Mein Mann, ein Biodeutscher, wurde manchmal auch als Herr ... sofort abqualifiziert, dabei hat er auch einen ausländischen Namen, aber eben einen aus 'Europa' (Die Türkei liegt auch in Europa - hier mal zur Info).

     

    Aber Alltagsrassismus existiert hier ja nicht, jedenfalls sobald es politisch und offiziell wird. Ansonsten weiß das jeder. Ich habe auch jahrelang unfallfrei eine teure Kfz-Versicherung bezahlen müssen, nie eine Reduktion erhalten und bin mir vom Gefühl her sicher, dass ich in einem geheimen, illegalen Türkentarif drinnen war. Aber mir fehlt die Zeit und Energie, um zu kämpfen. Am Ende ist es irgendwie auch egal - das Leben ist so schön, wie man es sich selber macht. Alltagsrassisten werden auch nicht verschwinden, wenn wir das wollen. Macht man also einen Bogen um diese Leute. (Wenn's geht)

     

    P.S. Wer eine/ einen Deutschen heiratet, sollte also schnell diesen bio-deutschen Namen annehmen. Reduziert Ärger und steigert die Lebensqualität.

  • @Sascha: Das Namensrecht ist an die Nationalität gebunden. Umziehen bewirkt daher wenig.

     

    Einzige "Lösung" daher: Scheiden, die Frau nimmt ihren Mädchennamen wieder an. Die Kinder ebenfalls (oder später). Dann wieder heiraten und der Mann und spätestens jetzt die Kinder nehmen den Namen der Mutter an.

     

    Die echte Lösung des Problems liegt aber in einem anderen Umgang mit Namen und Menschen. Der Name mag für deutschsprachige Menschen noch so schwer auszusprechen sein und doch sollte keine Annahme über die Sprachkenntnisse über die Träger dieses Namens gemacht werden.

  • Wenn ich Braun Schweig höre, muß ich immer an den 25. Februar 1932 denken. https://de.wikipedia.org/wiki/Einb%C3%BCrgerung_Adolf_Hitlers

  • Braanschweig? - wo sie aach dieses

    raahnst aA höben?

    ( Der Buchstabe G - Kurt Tucholsky)

     

    Na das wird aber den

    Alois Schicklegruber freuen;

    &die Braanschweiger - die noch wissen -

    Was eine " Ölpersche" ist!¡;)

     

    Rechtsmittel unbedingt -

    (aber dann wohl gleich auch

    Leipzig -> Karlsruhe…. sagen!;)

  • Die sollen bloß Rechtsmittel einlegen! Krude Begründung - für die Ordnungsfunktion gibt's das Standesamt, das schließlich auch die ganzen Namensänderungen wegen Scheidung registriert.

  • 1G
    10236 (Profil gelöscht)
    • @10236 (Profil gelöscht):

      Danke für den link -

      Eine feinzisilierte Studie - bzw Interview

      Da gehen einem aber mehr als eine

      Laterne auf!

  • Nunja selbst Schuld wer im deutschen Reich wohnt. Dann müssen sie sich eben dierekt an den Reichsminister des Innern wenden. Man, man, man, eines muss man dem Gesetz der DDR zu gute halten. es berief sich nicht auf Gesetze die die NSDAP erlassen hat. Wäre natürlich schön gewesen, hätte da die Trennung von Richtern und Politikern funktioniert. Aber die ist ja auch den Unionsparteien ein Dorn im Auge, aber das ist wieder ein anderes Thema.

    • @Sascha:

      Viele Gesetze in der BRD haben Wurzeln noch vor NSDAP. Das macht natürlich die Sache aber nicht schöner. Aber der Name alleine ist nicht das Problem sondern man muss die alltags- Diskriminierung aktiv anpacken