Gericht in Schweden urteilt: Spenden sind kein Terror
Ein schwedisches Gericht spricht eine Stiftung vom Vorwurf der Terrorfinanzierung frei, die Geld für Palästina sammelt.
STOCKHOLM taz Millionen hatte eine schwedische Stiftung jahrelang für die Unterstützung palästinensischer Witwen und Waisen gesammelt - und sich damit eine Anklage der Staatsanwaltschaft eingehandelt: Diese Spenden kämen indirekt der Hamas und deren Terroraktivitäten zugute. Das Argument: Wenn Väter wüssten, dass für ihre Familie im Falle ihres Todes gesorgt sei, steige ihre Bereitschaft, bei terroristischen Aktionen ihr Leben aufs Spiel zu setzen. Außerdem sei ein Teil der Spenden über Wohltätigkeitsorganisationen geflossen, die von Hamas kontrolliert werden. Auch das befördere den Terrorkampf, selbst wenn die Gelder tatsächlich zweckgebunden verwendet worden sein sollten.
Zwei Jahre lang hatte die Anklagebehörde an den Vorwürfen gebastelt. Zwei Wochen lang hat sich ein Gericht in Malmö damit beschäftigt - jetzt endete das Verfahren mit Freispruch für den Angeklagten Khalid al-Yousef, den Vorsitzenden von "Al Aqsa Spannmål" ("Al-Aksa-Getreide"), der fraglichen Stiftung.
Die Stiftung hatte über ihre Sammelaktionen und die Weiterleitung der Gelder an humanitäre Organisationen wie Islamic Society, Human Appeal und Jenin Charity Committee angeblich der "Terrorfinanzierung" Vorschub geleistet und deshalb gegen die schwedischen Antiterrorgesetzgebung verstoßen. Dafür hatte eine Haftstrafe von sechs Jahren gedroht.
Das Gericht machte sich dabei nicht die Mühe, sich mit der seltsamen Konstruktion auseinanderzusetzen, wonach die Aussicht auf eine spätere Unterstützung von Witwen und Waisen Menschen zu Terroristen machen könne. Stattdessen lehnte es die vorgelegten Beweise ab, wonach Hamas eine Organisation sei, deren Terroraktivitäten durch Spenden für wohltätige Zwecke befördert würden. Die Staatsanwaltschaft hatte sich insoweit vorwiegend auf eine Fülle israelischer Urteile und anderer Dokumente gestützt. Diese Beweise seien ohne Wert, führte das Gericht nun aus, weil sie von einer kriegführenden Seite stammten und Hamas und Israel sich in einem kriegsähnlichen Zustand befänden.
Rechtsanwalt Laue Traberg Smidt, Verteidiger von Khalid al-Yousef, hatte gewarnt, dass die Verurteilung einer solchen Spendensammlung als Terrorfinanzierung jegliche wohltätige Aktionen aus Europa kriminalisieren würde. Denn das an der Verteilung vor Ort von Hamas kontrollierte Organisationen mitwirkten, könne nie ausgeschlossen werden.
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