Geplantes Betreuungsgeld: Keine Herdprämie für arme Eltern
Die schwarz-gelbe Koalition will Hartz-IV-Bezieher vom geplanten Betreuungsgeld ausschließen. Die 150 Euro sollen von den Bezügen abgezogen werden. Die SPD findet die Idee „absurd“.
BERLIN dpa | Hartz-IV-Empfänger sollen nach einem Bericht der Rheinischen Post vom geplanten Betreuungsgeld unter dem Strich nicht profitieren. Zwar sollten auch sie es grundsätzlich erhalten, aber es solle als Einkommen gezählt werden, so dass ihre Hartz-Bezüge entsprechend geringer ausfielen, berichtete die Zeitung. Darauf habe sich die Koalition geeinigt. Mit der Anrechnung entfiele für Hartz-IV-Familien der von den Kritikern befürchtete Anreiz, ihre Kinder nicht in eine Kita zu schicken, nur um die neue Leistung zu beziehen.
Die vor allem auf Betreiben der CSU vereinbarte Leistung von zunächst 100, später 150 Euro monatlich sollen Eltern erhalten, die ihre Kleinkinder in eigener Regie betreuen und nicht in die Kita oder zur staatlich finanzierten Tagesmutter schicken. Die Koalition streitet seit Wochen darüber. Mehrere CDU-Abgeordnete haben angekündigt, das Vorhaben nicht mitzutragen.
Unter Berufung auf Regierungskreise berichtete das Blatt weiter, die Anrechnung werde den Haushalt von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) entlasten, weil sie dann weniger für Hartz-IV-Leistungen auszugeben brauche. Das Betreuungsgeld von jährlich etwa 1,2 Milliarden Euro soll aus dem Etat von Familienministerin Kristina Schröder (CDU) finanziert werden.
Auch die Süddeutsche Zeitung berichtete über die Einigung. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sagte dem Blatt: „Das Betreuungsgeld muss angerechnet werden.“ In Kreisen der Unionsfraktion hieß es demnach, die Verrechnung werde im Gesetz „sicher eine Rolle spielen“.
Engagierte Mütter könnten leer ausgehen
SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles hat die Idee kritisiert. „Das ist absurd“, sagte sie am Mittwoch im ARD-„Morgenmagazin“. Dann gehe möglicherweise eine engagierte Mutter, die arbeitslos sei, keinen Kita-Platz und deshalb schlechte Chancen auf dem Arbeitsmarkt habe, leer aus. Eine gut situierte Manager-Frau aber bekomme das Betreuungsgeld.
„Das halte ich jetzt für den letzten Beweis, den es noch gebraucht hat: Dieses Betreuungsgeld ist überflüssig, schafft neue Ungerechtigkeiten und deswegen darf es auch gar nicht erst kommen.“ Das Geld solle besser in den Ausbau der Kita-Plätze gesteckt werden.
Nahles kündigte an, dass die SPD bei einer Regierungsübernahme nach der Bundestagswahl 2013 das Betreuungsgeld in jedem Fall wieder abschaffen werde.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Zweite Woche der UN-Klimakonferenz
Habeck wirbt für den weltweiten Ausbau des Emissionshandels
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga