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Geplanter Erdogan-BesuchKein Willkommensgruß von Kölns OB

Stadtoberhaupt Jürgen Roters teilt mit, dass er über den Auftritt des türkischen Premiers nicht erfreut ist. Grünen-Chef Özdemir hält nichts von Boykottempfehlungen.

Kommt gerne nach Köln und hält eine Rede: Erdogan im Februar 2008 in der KölnArena. Bild: ap

KÖLN/BERLIN/ISTANBUL dpa | Der geplante Besuch des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan am kommenden Samstag in der Lanxess-Arena stößt auf massive Kritik. Die Kölner Polizei bereitet sich nach Angaben einer Behördensprecherin auf einen Großeinsatz vor, berichtet der Kölner Stadt-Anzeiger. Mehr als zehntausend Gegendemonstranten hätten sich bereits angemeldet.

Die womöglich größte Veranstaltung in Köln organisiert die Alevitische Gemeinde Deutschland e.V.. Unter dem Motto „Wir sagen Nein zu Erdogan“ wollen die Teilnehmer am kommenden Samstag vom Ebertplatz durch die Innenstadt zum Dom ziehen und dort eine Abschlusskundgebung abhalten.

In der Politik herrscht parteiübergreifend Einigkeit darüber, dass Erdogan seine Visite auf Einladung der Union Europäisch-Türkischen Demokraten (UETD) absagen soll. Kölns SPD_Oberbürgermeister Jürgen Roters spricht sich vor dem Hintergrund der Grubenkatastrophe in ungewohnter Deutlichkeit gegen den Auftritt Erdogans aus. „Für mich als verantwortungsbewusster Politiker wäre die Entscheidung angesichts der dramatischen und noch zu klärenden Ereignisse mit so vielen Toten klar: Es gibt jetzt Wichtigeres als reine Wahlkampftermine im Ausland wahrzunehmen“, sagt Roters.

Grünen-Chef Cem Özdemir hält nichts von Empfehlungen an die Türken in Deutschland, dem Auftritt des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan in Köln wegen seiner Innenpolitik fernzubleiben. Er selbst habe auch schon bei Grünen-Organisationen im Ausland Wahlkampf gemacht, sagte Özdemir am Montag im Deutschlandfunk.

Der Grünen-Politiker machte weiter deutlich, dass er nicht glaubt, dass mit solchen Aufrufen etwas erreicht werden kann. „Die, die gegen ihn sind, sind sowieso gegen ihn. (...) Und die, die ihn vergöttern und seine Anhänger sind und im Prinzip auch nicht mehr wahrnehmen, was es an Kritik an ihm gibt, die werden seine Fans bleiben und jetzt erst recht wahrscheinlich “, sagte er.

Haftbefehl gegen Bergwerk-Betriebsleiter

Derweil ist nach dem Grubenunglück im türkischen Soma Haftbefehl gegen fünf Mitarbeiter der Betreibergesellschaft erlassen worden. Unter den Inhaftierten sei auch der Betriebsleiter des Bergwerks, berichteten türkische Medien am Montag unter Berufung auf die Staatsanwaltschaft. Ihnen werde fahrlässige Tötung vorgeworfen. Am Sonntag hatte die Polizei 25 Verdächtige festgenommen, darunter mehrere Führungskräfte der Betreibergesellschaft Soma Holding. Beim schwersten Grubenunglück in der Geschichte der Türkei kamen nach offiziellen Angaben 301 Bergleute ums Leben. Die Regierung hatte die Bergungsarbeiten am Samstag für beendet erklärt.

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17 Kommentare

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  • 87% der Deutschen sind gegen Erdogans auftritt hier (laut n-tv Umfrage aktuell). Der deutschen Politik ist der Mann auch peinlich, sie ist aber eingeknickt.

    Wo hat ein deutscher Politiker im Ausland Wahlkampft gemacht ?

    • 9G
      90191 (Profil gelöscht)
      @Tupaq:

      Merkel macht seit Jahren Wahlkampf für ihre "Freunde" in Frankreich, Griechenland, Spanien... in Ländern also, die sie überhaupt nix angehen. Die Griechen haben ja mit entsprechenden Plakaten gezeigt, was sie davon halten. Nicht nur Conchita Wurst steht ein Bart gut.

  • 9G
    90191 (Profil gelöscht)

    Ist dieser Roters bei Pro-Köln? Oder will er sich bei denen nur einschleimen?

  • Die Duckmäuserei der deutschen Regierung ist nicht mehr auszuhalten .

    Man muss sich als Deutscher schämen für diese Regierung . Diese Regierung hat kein Ehrgefühl und keinen Arsch in der Hose .

    • 9G
      90191 (Profil gelöscht)
      @Frost:

      "Diese Regierung hat kein Ehrgefühl und keinen Arsch in der Hose."

       

      Stimmt, sonst hätte sie schon lange mit dem rechts-braunen Sumpf im Osten aufgeräumt.

  • Erdogans letzter Auftritt in Deutschland ist noch nicht vergessen! Und wenn ich mir Cem Özdemirs Worte so ansehe frage ich mich, ob Erdogan die Reisekosten für einen eh überflüssigen Auftritt nicht besser den Hinterbliebenen der Bergwerkstragödie spenden sollte, sozusagen als kleine Entschuldigung.

     

    Die empfohlene Zurückhaltung ist von ihm ohnehin nicht zu erwarten. Vermutlich weiss er gar nicht was das ist.

  • Özdemir pennt, wenn er sagt "kann man eh nichts machen, also sagen wir lieber mal nicht." Erdogan stiftet überall nur Unfrieden mit seinem nationalistischen, aggressivem, expansivem Stil.

  • Warum verbietet der OB nicht den Auftritt dieses Hetzers?

    Nach seinem letzten skandalösen Auftritt wissen wir doch , was wir von ihm zu erwarten haben.

    • @Tupaq:

      Super Idee. Erst lassen wir unseren Bundespräsidenten in der Türkei ein Plädoyer für mehr Meinungsfreiheit und Demokratie halten, um im Gegenzug Erdogan das Wort zu verbieten, weil uns seine interne Krisenpolitik nicht gefällt.

      • @Sapasapa:

        Da bringen sie viel durcheinander. Unser BP hat die Türkei als Gast besucht.

        Erdogan macht aber Wahlkampf in einem fremden Land (wo gibt es so etwas in der Welt?) und hetzt seine Ex-Landsleute auf, sich der Assimilation zu verweigern und sich noch als Türken zu fühlen. Das ist ein Schlag gegen alle Bemühungen, türkischstämmige Zuwanderer in unser Land zu integrieren und aus ihnen deutsche Staatsbürger zu machen. Mit der internen Krisenpolitik in der Türkei hat das nichts zu tun.

        • 9G
          90191 (Profil gelöscht)
          @Tupaq:

          Merkel macht doch auch Wahlkampf in fremden Ländern - allerdings nicht für ihre eigene Wahl in Deutschland, sondern gleich noch für die Kandidaten fremder Länder. Offenbar beliebt es Ihnen, sich in schönster Pippi-Manier die Welt zu machen, wie sie Ihnen gefällt.

        • @Tupaq:

          Dann ist Herr Erdogan als kein Gast, weil er nicht einer Einladung unsererseits folgt. Wobei zu klären wäre, wer sich hinter "uns" verbirgt. Die deutsche Bundesregierung, das deutsche Volk, oder wer?

          Wenn dieser Typ eine Gefahr für unsere Integrationsbemühungen ist, dann laufen unsere Bemühungen aber schlecht.

          • @Sapasapa:

            Natürlich ist Erdogan kein Gast (niemand hat ihn eingeladen) und er ist bei den meisten Deutschen unerwünscht. Haben sie seinen letzten Auftriit in Köln vergessen?

            Er ist auch bei unserer Regierung unerwünscht, nur hat diese nicht den Mut, ihm das klar zu sagen.

            • 9G
              90191 (Profil gelöscht)
              @Tupaq:

              Die Griechen wollten Merkel auch nicht einladen, genausowenig wie die Troika-Hausierer, trotzdem haben die sich ihnen aufgedrängt wie blutgierige Mücken, daß man sich grade noch schämen mußte, Deutscher zu sein.

            • @Tupaq:

              Der Mann darf hier einreisen, also ist er erst einmal Gast.

               

              Gauck wurde die Einreise auch nicht verwehrt. Punkt. Wenn wir seine Anhänger hierzulande nicht erreichen, haben wir ein Problem, aber das geht nicht von Erdogan aus.

               

              Und ihm wegen innenpolitischer Angelegenheiten die Einreise zu verweigern, geht einfach nicht. Sonst dürften wir kaum ein Staatsoberhaupt mehr einreisen lassen - geschweige denn, dass von unserer Regierung noch jemand ausreisen darf. Es gibt noch so etwas wie Diplomatie, die hat uns schon vor dem einen oder anderen Krieg gerettet, aber das versteht heute anscheinend niemand mehr.

              • @Sapasapa:

                Ja, die Bundesregierung ist schon eingeknickt- damit ist alles erledigt.

                • 9G
                  90191 (Profil gelöscht)
                  @Tupaq:

                  Lächerlich.