Erdogan in Köln: Jubeltürken gesucht
Am Samstag wird der türkische Premier Erdogan in Köln Wahlkampf machen. Kritische Journalisten türkischer Medien kriegen keine Akkreditierung.
KÖLN taz | Der Auftritt des türkischen Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan am Samstag in Köln soll nicht durch eine kritische Medienberichterstattung in der Türkei getrübt werden. Die Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD) verweigert unliebsamen Journalisten die Akkreditierung für die Veranstaltung in der Lanxess Arena.
Die Absage, die der Kölner Journalist Yücel Özdemir per Mail erhielt, kam höflich formuliert daher. „Wir möchten uns ausdrücklich für Ihr Interesse an unserer Veranstaltung bedanken“, schrieb die UETD dem Deutschlandkorrespondenten der linken türkischen Tageszeitung Evrensel und des Fernsehsenders Hayat TV. Aber „aufgrund der vielen Anfragen“ hätte leider nicht allen Akkreditierungswünschen entsprochen werden können. „Wir bedauern sehr, Ihnen keine Akkreditation erteilen zu können“, teilte die UETD mit.
Dass es nicht genug Presseplätze gibt, kann vorkommen. Beispiel ist der NSU-Prozess, bei dem es wochenlang Wirbel um die Vergabe per Losverfahren gab. Özdemir ist einer der vier Vertreter türkischer Medien, die letztlich einen festen Platz im Münchner Gerichtssaal erhielten. Dass ihm jetzt der Zugang zum Erdogan-Event verweigert wird, hat offenkundig nichts mit begrenzten Kapazitäten zu tun.
Bereits Ende April hatte Özdemir die UETD schriftlich um seine Akkreditierung gebeten. Die Ablehnung, die am Sonntag kam, sei eine „willkürliche Entscheidung“, sagt der 46-Jährige. Die taz bat erst am vergangenen Montag um ihre Akkreditierung. Einen Tag später kam die positive Bestätigung von der UETD.
30 Journalisten sollen betroffen sein
Der Ausschluss Özdemirs ist kein Einzelfall. Wie die taz erfuhr, sollen Anträge von Journalisten, die für türkische Medien arbeiten, nach Ankara weitergeleitet worden sein. Dort sei dann entschieden worden, wer zugelassen wird. Es heißt, dass 30 Journalisten die Akkreditierung verweigert worden sein soll. „Erdogan trägt seine Politik von Zensur und Unterdrückung der Pressefreiheit nach Deutschland“, kritisiert Özdemir. Die UETD bestreitet eine solche Einflussnahme.
Zur Protestdemonstration gegen den Erdogan-Besuch erwartet die Alevitische Gemeinde Deutschland (AABF) inzwischen weit mehr als 30.000 Teilnehmer. „Wir werden mehr sein als die Erdogan-Anhänger“, ist AABF-Sprecher Yilmaz Kahraman überzeugt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen