Geothermieprojekt in der Schweiz: Gebohrt bis zum Erschüttern
Nach einem Erdbeben wurde ein Geothermieprojekt nahe dem Bodensee vorerst gestoppt. Jetzt wird die Situation analysiert, das Bohrloch stabilisiert.
GENF afp | Nach einem Erdbeben der Stärke 3,6 in der Schweiz ist ein Geothermieprojekt nahe dem Bodensee vorerst gestoppt worden. Das Beben unweit von St. Gallen stehe „wahrscheinlich in direktem Zusammenhang“ mit dortigen Bohrungen für das Erdwärmeprojekt, teilte das Erdbebenzentrum der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH) am Samstag mit. Weitere Erschütterungen seien möglich.
Nach Angaben der Polizei wurden durch das Beben, das sich am Samstagmorgen gegen 5.30 Uhr in rund vier Kilometern Tiefe ereignete, keine Schäden verursacht. In St. Gallen waren schon in den vergangenen Tagen mehrere Erschütterungen kleineren Ausmaßes gemessen worden.
Das neuerliche Beben sei nun in der ganzen Region zu spüren gewesen, teilte die ETH mit. „Weitere Erdbeben in den kommenden Tagen können nicht ausgeschlossen werden“, hieß es. Demnach wurde auch im Kanton Appenzell Ausserrhoden nahe Herisau ein Erdbeben der Stärke 3,8 gemessen. Ob es ebenfalls in Zusammenhang mit den Bohrungen stand, blieb zunächst offen.
Die Betreiber des Geothermie-Projekts teilten am Samstag nach dem Beben mit, die Arbeiten seien vorerst ausgesetzt worden, um die Situation zu analysieren und das Bohrloch zu stabilisieren. Über die Zukunft des Projekts solle in den kommenden Tagen entschieden werden, meldete die Nachrichtenagentur SDA.
Größere Gasmengen im Bohrloch
Das Erdbeben könnte nach Angaben der Betreiber durch die Einleitung von 650 Kubikmetern Wasser verursacht worden sein. Zuvor hatten sich in dem Bohrloch plötzlich größere Gasmengen gebildet. Ziel der Bohrungen ist es, 140 Grad Celsius heißes Wasser in 4,5 Kilometern Tiefe zu finden.
Ein Kraftwerk könnte den Plänen zufolge dann die Hälfte der Häuser in der Stadt mit Wärme versorgen. Vor sechseinhalb Jahren hatten die Bohrungen für den Bau eines Geothermie-Kraftwerks in Basel mehrere Erdbeben ausgelöst. Das Vorhaben wurde daraufhin gestoppt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
Verfassungsklage von ARD und ZDF
Karlsruhe muss die unbeliebte Entscheidung treffen
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
CDU-Politiker Marco Wanderwitz
Schmerzhafter Abgang eines Standhaften