George Clooney und das Kaffeekochen: Vom großen Erfolg eines Doubles
Die satirische Überzeichnung eines Nespresso-Werbespots setzt den weltweit bekannten Werbeträger gehörig unter Druck. Nun will auch Clooney fair gehandelten Kaffee.
![](https://taz.de/picture/243211/14/Clooney_01.jpg)
GENF taz | Serge Kaspar, Verkäufer in einem Zürcher Gebrauchtwarenladen, ist ein Star. Zumindest in seiner Rolle als perfektes Double von George Clooney, bestbezahlter Hollywood-Schauspieler und - bislang noch - weltweit wichtigster Werbeträger für Nespresso-Kaffeekapseln.
Bereits über eine Million Menschen haben seit Ende August den bei YouTube geschalteten satirischen Werbespot gesehen, in dem ein herabfallendes Nespresso-Werbeschild Clooney unter sich begräbt. Dazu tönt eine Stimme aus dem Off: "Sorry, George, so fühlt es sich an, wenn man als Kaffeepflücker ausgebeutet wird. Nespresso ist einer der teuersten Kaffees der Welt, wird aber leider immer noch nicht fair gehandelt. George Clooney könnte das ändern. Schreiben Sie ihm eine E-Mail: Entweder fair gehandelter Kaffee oder kein George Clooney mehr in den Nespresso-Werbespots".
Dieser Aufforderung folgten inzwischen fast 20.000 Menschen. Produziert wurde der Werbespot von dem international ausgerichteten Schweizer Arbeiterhilfswerk "Solidar Suisse". Nach den Recherchen der Organisation werden die ArbeiterInnen auf den Plantagen, von denen der weltgrößte Nahrungsmittelkonzenr Nestlé den Kaffee für die Nespresso-Kapseln bezieht, ausgebeutet.
Gereizter Clooney
Zudem würden unter 14-jährige Kinder bei der Kaffeebohnenernte eingesetzt. Nestlé verstoße damit eindeutig gegen die Kinderrechtskonvention und andere Menschenrechtsbestimmungen, auf deren Einhaltung sich der Konzern als Partner des "Global Compact" mit der UNO ausdrücklich verpflichtet hat. Auf kritische Nachfragen nach seinem Werbeengagement für Nespresso reagierte der so souveräne (echte) Clooney bei einer Pressekonferenz erstaunlich gereizt: "Das ist eine dumme Frage", schnauzte er die Journalisten an und schaltete das Mikrofon ab.
Doch der von "Solidar Suise" mit dem YouTube-Spot ausgelöste öffentliche Druck hat bei dem Hollywoodstar offensichtlich ein Umdenken bewirkt. Nach Informationen aus der Nestlé-Zentrale in Vevey am Genfer See will Clooney seinen demnächst auslaufenden Werbevertrag für die Nespresso-Kapseln nur verlängern, wenn Nestlé ihm sowie gegenüber "Solidar Suisse" nachweist, dass die Arbeiter auf den Kaffeeplantagen nach den Kriterien des fairen Handels bezahlt und keine Kinder unter 18 Jahren beschäftigt werden.
Serge Kaspar will sich zu diesem politischen Erfolg seines YouTube-Auftritts nicht äußern. Er wird inzwischen überhäuft von Angeboten, als Clooney-Double aufzutreten, und könnte längst full-time als Model sein Geld verdienen. Doch Kaspar "will auf dem Boden bleiben", wie er beteuert, und seinen Verkäuferjob in dem Zürcher Gebrauchtwarenladen nicht aufgeben. Zu seiner täglichen Arbeit gehört dort auch das Kaffeekochen - allerdings nicht an einer Nespresso-Maschine.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier