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Geologe über Vulkanausbrüche„Ein selbstverstärkender Effekt“

Auf Island droht bald ein Vulkan auszubrechen. Der Geologe Steffen Kutterolf erklärt, wie sich das auf den Klimawandel auswirken könnte.

Ein Polizist vor einer Erdspalte im evakuierten Grindavik auf Island am 15. November Foto: Marko Djurica/reuters
Interview von Franziska Betz

Herr Kutterolf, nahe der isländischen Stadt Grindavík auf der Halbinsel Reykjanes droht möglicherweise bald ein Vulkanausbruch. Was passiert dort gerade?

Steffen Kutterolf: Die Wissenschaftler vor Ort haben Sensoren um die Vulkane in Island installiert. Ein paar von diesen Sensoren zeichnen im Moment erhöhte seismische Aktivität auf. Das bedeutet, irgendwas im Untergrund bewegt sich. Man geht davon aus, dass Magma von tieferen Regionen in der Erdkruste in flachere Regionen aufsteigt und sich dort sammelt.

Bild: Axel Reimers, Tennis-Ostseecup
Im Interview: Steffen Kutterolf

Der Geologe und Vulkanologe forscht am Geomar in Kiel in der Abteilung „Magmatische und hydrothermale Systeme“ der Forschungseinheit „Dynamik des Ozeanbodens“ an explosiven Vulkanen.

Und dann?

Es besteht die Möglichkeit, dass das alles im Sande verläuft, das Magma in Reservoirs stecken bleibt und gar nichts passiert. Es besteht aber auch die Möglichkeit, dass die Reservoire überfüllt werden und es zum Ausbruch kommt.

Ist der Vulkan schon einmal ausgebrochen?

Es handelt sich dort um ein Vulkansystem. Das ist vor 800 Jahren und in den vergangenen drei Jahren schon mal ausgebrochen. Nach so einem Ausbruch sind die Magma-Reservoire unter der Erde geleert und es gibt wieder die Möglichkeit, dass neues Magma nachströmen kann. Das passiert alles unter der Erdoberfläche. Je nachdem, um was für einen Vulkan es sich handelt, sprechen wir von mehreren hundert Metern bis mehreren Kilometern Tiefe, in denen diese Reservoire liegen.

Warum ist es so unklar, ob der Vulkan ausbrechen wird oder nicht?

Weil das von verschiedenen Faktoren abhängt. Zum einen muss die Wegsamkeit – also Klüfte oder kleine Risse in der Kruste – da sein, damit das Magma weiter aufsteigen kann. Das ist eine Bedingung.

Und die andere?

Viel wichtiger ist, was wir als „driving force“ bezeichnen, also den Antrieb, der das Magma weiter aufsteigen lässt. Magma beinhaltet gelöstes Gas. Wenn das Magma von der Tiefe in flachere Regionen aufsteigt, dann lässt der Druck auf das Magma nach und dann passiert das Gleiche, wie wenn man eine Flasche Selter aufmacht: plötzlich kommen kleine Blasen hoch. Je höher, desto schneller können sich die Gase aus dem Magma als Blasen lösen. Die Blasen verringern wiederum die Dichte und das Magma kann weiter aufsteigen. Ein selbstverstärkender Effekt. Je nachdem, wie viel Gas da ist und wie schnell sich das Gas aus dem Magma lösen kann, entscheidet sich, ob es wirklich zu einer Eruption kommt oder ob die ganze Sache einfach stecken bleibt.

Könnte dieser mögliche Ausbruch einen Einfluss auf das Klima haben?

Es ist immer die Frage, was für ein Ausbruch es überhaupt ist. Vulkanausbrüche, die wirklich das Klima beeinflussen, halte ich in Island für eher unwahrscheinlich, weil diese eine bestimmte Größe und Intensität brauchen. Einzige Ausnahme: die sieben Monate anhaltende kontinuierliche Laki-Eruption von 1783 bis 1784.

Warum ist eine bestimmte Größe wichtig?

Je größer und explosiver der Ausbruch, desto wahrscheinlicher ist es, dass das Material bis in die Stratosphäre kommt. Denn um das Klima wirklich zu beeinflussen, müssen die Gase und auch das vulkanische Material bis tief in die Atmosphäre oder sogar die Stratosphäre kommen. Nur dann haben die Gase die Möglichkeit, wirklich das Sonnenlicht global abzuschirmen und damit die Erde abzukühlen.

Das heißt, man kann auch nicht davon ausgehen, dass ein Vulkanausbruch dabei helfen würde, die Erderwärmung zu bekämpfen?

Nein. Vor allem, wenn man die Dimensionen betrachtet, die man dann bräuchte. Dann hätte man andere Probleme. Weil dann wahrscheinlich eine ganze Region im Chaos versinken würde. Es gibt ja auch die Idee, Schwefeldioxid in die Atmosphäre zu blasen, um einen Vulkanausbruch zu simulieren. Das halte ich aber für absoluten Schwachsinn. Man kann gar nicht abschätzen, was für andere Folgen das hätte. Immer, wenn die Menschen denken, sie können noch irgendwas verändern, dann geht meistens der Schuss nach hinten los.

Was hat es im Gegenzug mit der Theorie auf sich, dass der Klimawandel auch die Aktivität von Vulkanen beeinflusst?

Das ist eine Theorie. Aber es ist nicht der Klimawandel, sondern es sind viel länger anhaltende Prozesse, die da stattfinden. Der menschengemachte Klimawandel wird – nach aktuellem Stand des Wissens – definitiv nicht Vulkanaktivität beeinflussen.

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8 Kommentare

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  • Ja! Bisher sind praktisch alle Versuche der Menschheit das Klima in unserem Sinne zu beeinflussen voll in die Hose gegangen! Der Grund ist einfach: Wir ändern unsere Einstellung zu unserer Umwelt, Natur, Tieren einfach nicht!!!!



    Dies ist ja auch der Grund warum wir praktisch keinen Umweltschutz praktizieren und lieber irgendwelchen "Strohhalmen" hinter herlaufen. Wenn wir diese kapitalistische Logik nicht endlich aufgeben, wird es bald zu spät sein, überhaupt noch etwas zu verändern!

  • "Immer, wenn die Menschen denken, sie können noch irgendwas verändern, dann geht meistens der Schuss nach hinten los." Also lassen wir lieber alles laufen wie es läuft?

    • @PeterArt:

      Es ging um Geoengineering.



      Die meisten menschlichen Eingriffe, schon in wesentlich kleinerem Massstab wie Neozyten oder-phyten gingen schwer nach hinten los.



      Wieso soll das dann bei globalen Veränderungen gut gehen?

  • Danke @ pipit pat

  • @Redaktion

    Könnt ihr das mit dem Clickbait und der gewollten Irreführung bleiben lassen?

    Der "selbstverstärkende Effekt" der Überschrift bezieht sich doch eben nicht auf die Folge eines Vulkanaussbruchs auf das Klima (eher im Gegenteil) , sondern auf die Dynamik des Ausbruchs selbst.

    • @pitpit pat:

      Jo, das hab ich mir auch gedacht.

    • @pitpit pat:

      Wo liegt das Problem?

      • @pesetenpaule:

        Meines liegt definitiv im Satz des Intros: "Der Geologe Steffen Kutterolf erklärt, wie sich das auf den Klimawandel auswirken könnte." Gleichzeitig sagt der Interviewte, dass sich dieser Vulkanausbruch - wenn er denn kommt - mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit gar nicht auf den Klimawandel auswirken wird. Es handelt sich also um typisches Clickbait.