: Genossen gegen ihre eigene -schaft
■ Altonaer Bauverein ist völlig perplex über den Widerstand der Mieter
Der Vorstand des Altonaer Spar- und Bauvereins konnte es kaum glauben. 3000 Wohnungen hatte er in den vergangenen Jahren „gründlich instandgesetzt und modernisiert“. Nie habe es Schwierigkeiten gegeben. Und jetzt stellen sich die MieterInnen im Block Bahrenfelder Steindamm Ecke Celsiusweg plötzlich auf die Hinterbeine. Sie organisierten eine MieterInneninitiative mit dem Ziel die Modernisierungskosten zu drücken. Ihre Angst: Die geplanten 50prozentigen Mietsteigerungen bringen „viele MieterInnen in Bedrängnis“, so Rudi Reiter von der Mieterini.
In dem Block des Spar- und Bauvereins wohnt es sich heute noch ganz günstig: Mehr als die Hälfte der Wohnungen ist pro Quadratmeter für acht Mark netto kalt vermietet. Die teuersten liegen bei 10,39 Mark pro Quadratmeter. Inklusive Heiz- und Betriebskosten schwanken die Quadratmetermieten zwischen etwa zwölf und 14,50 Mark.
Nach den Plänen der Genossenschaft würden die Mieten der günstigsten Wohnungen am deftigsten steigen: um 4,34 Mark pro Quadratmeter in neun Jahren. Die teuren kämen mit 2,95 Mark davon. Durch bessere Wärmedämmung und geringere Heizkosten gliche sich ein Teil des Aufschlags aus.
Trotzdem ärgert sich Rudi Reiter: „Im Großen und Ganzen geht es darum, dass das Preis-Leistungs-Verhältnis nicht stimmt.“ Die Häuser, so die Position der Ini, seien jahrelang nicht instandgesetzt worden. Das dürfe jetzt nicht unter dem Etikett „Modernisierung“ den MieterInnen aufgebürdet werden.
Mehr als zehn Jahre lang sei zum Beispiel nichts an den Fenstern gemacht worden. „Bei uns läuft im Kinderzimmer bei normalem Hamburger Regen das Wasser das Fenster runter“, schimpft der Mieter Nick Neumann. Der Bauverein weigere sich, diese Schäden vor einer Modernisierung zu beheben.
Weil die heutigen Einfachglasfenster durch solche mit Isolierglas ersetzt werden müssen, schwebt der Genossenschaft vor, 70 Prozent der Kosten hierfür den MieterInnen aufzubürden: knapp anderthalb Millionen Mark. Weitere strittige Punkte sind die Fassadendämmung, die Wiederherstellung der Gartenanlage für eine halbe Million Mark und der gesetzlich vorgeschriebene Einbau von Wohnungswasserzählern, den die Mieter für überteuert halten.
Elke Kunze vom Bauverein dagegen ist völlig schleierhaft, warum die GenossenschafterInnen ihren langfristigen Vorteil bei einer Modernisierung nicht sehen können. „'Ne top-modernisierte Wohnung für acht Mark gibt's nicht“, sagt sie. Die Genossenschaft müsse dafür sorgen, ihren Wohnungsbestand langfristig vermietbar zu halten. Gernot Knödler
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