Gemischte Urlaubsgefühle: Was hält die Welt zusammen?
Zwischen Zuversicht und Idealisierung: Unsere Autorin macht Urlaub in Kenia und wird von der Realität und der Globalisierung eingeholt.
W enn ich in den Urlaub fahre, beschenke ich mich. Mit Distanz, Leichtigkeit und Zeit. Distanz, die mich von vermeintlichen und tatsächlichen Pflichten des Alltags entfernt, so weit, dass ich ihr Korsett nicht mehr spüren kann. Leichtigkeit, die langsam einsickert wie ein guter Rausch. Zeit, die nicht zerhackt ist in kleine Einheiten, sondern vor mir liegt wie ein langer, makelloser Teppich, auf dem ich tanzen kann, wie und so lange ich will.
Wenn ich in den Urlaub fahre, vergesse ich. Das laute Tosen der Welt, getragen von den Meldungen des Tages. Meldungen, die sich an einen heften wie Kletten und an der Zuversicht kratzen, dass es schon irgendwie gut gehen wird. Im Urlaub, denke ich, kann die Zuversicht sich erholen, ein wenig nachwachsen.
In den ersten Tagen des neuen Jahres sitze ich auf dem Beifahrersitz eines alten Kombis mit losem Unterboden. Er brettert über eine einspurige Straße zwischen Kenias Hauptstadt Nairobi und der Küstenstadt Mombasa. Hinter mir liegt eine Hochzeit, ein rauschendes Fest. Ich schaue aus dem offenen Fenster, der Wind bläst mir ins Gesicht.
Bäume ziehen an mir vorbei, groß wie kleine Riesen, mit Stämmen so dick, dass nur kleine Riesen sie umgreifen könnten, und Kronen, so dicht und vollkommen, wie sie bei uns nur noch manche Buche hat. Die Affenbrotbäume wachsen aus roter Erde, mit einem Stolz, als könnte ihnen niemand und nichts jemals etwas anhaben. Meine Zuversicht labt sich an ihrem Stolz. Alles sieht hier so gesund aus, denke ich und freue mich. So schön kann Idealisierung sein.
Hält sie unsere Welt zusammen?
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Auf der Gegenspur fährt ein Lkw mit „Hamburg Süd“-Container vorbei. Faszination Globalisierung. Eine Frage huscht durch meinen Kopf – hält sie unsere Welt zusammen?
Irgendwann biegen wir ab in eine sattgrüne Hügellandschaft, hinter einem Elektrozaun liegt der Nationalpark Chyulu Hills. Drinnen sehe ich auf einem dunkelgrünen Bus der Parkverwaltung eine Aufschrift: REDD+.
Ich lerne, dass hier ein UN-Konzept etabliert wurde, das Kleinbäuer:innen durch den Zaun vor gefräßigen Elefanten schützt und Elefanten vor verärgerten Kleinbäuer:innen. Ich lerne, dass die Kleinbäuer:innen einst das Land besiedelten, das heute der Park ist. Dass sie vertrieben wurden, mit Gewalt. Ich lerne, dass das UN-Konzept Abholzung verhindern, CO2 einsparen und die Erderhitzung aufhalten soll. Finanziert mit Kompensationskrediten, gekauft von uns im globalen Norden, die den Klimawandel vor allem verursachen. Globalisierung – hält sie unsere Welt zusammen?
Meine Zuversicht reibt sich müde die Augen. Es ist kompliziert, denke ich, und dann will ich lieber noch ein bisschen Urlaub machen.
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