Gemeinnützigkeit von NGOs: Bedrohte Zivilgesellschaft
Nicht nur Attac fürchtet um seine Gemeinnützigkeit. Die Bundesregierung muss hier für Rechtssicherheit sorgen.
D er raue Umgang mit Nichtregierungsorganisationen (NGO) ist alarmierend. Verantwortliche in hunderten von Vereinen und Verbänden fürchten, dass ihrer Organisation die Gemeinnützigkeit aberkannt wird – wie dem Netzwerk Attac. Nachdem der Bundesfinanzhof 2019 in einem Grundsatzurteil die Frage der Gemeinnützigkeit extrem eng ausgelegt hat, fragen sie sich, ob und wie sich ihre Organisationen über den engen Satzungszweck hinaus überhaupt noch politisch betätigen können. Der Verlust der Gemeinnützigkeit hätte für sie finanziell verheerende Folgen.
Das ist nicht der einzige Angriff auf die Arbeit von NGOs. Gerade hat der Bundestag bei einer Reihe von Verkehrsprojekten das Verbandsklagerecht beschnitten – ein Pilotprojekt. Faschisten wie Björn Höcke freut so etwas, sie wollen die Zivilgesellschaft mit ihren NGOs finanziell „austrocknen“. Kein Wunder: Eine starke Zivilgesellschaft ist ein Bollwerk gegen Rechtsextremismus.
Unabhängig davon, wie das Finanzgericht Kassel, das sich an diesem Mittwoch erneut mit dem Fall Attac befasst, entscheidet: Die Bundesregierung muss endlich für Rechtssicherheit sorgen. Beim Casting für den SPD-Vorsitz hat Finanzminister Olaf Scholz im vergangenen September angekündigt, „in wenigen Wochen“ einen Gesetzentwurf dazu vorzulegen. Bislang blieb das ein leeres Versprechen. Seine GenossInnen sollten schleunigst dafür sorgen, dass er in die Gänge kommt und für eine Lösung sorgt, die Attac und hunderten weiteren Organisationen die Weiterarbeit ermöglicht. Vorschläge, wie das gehen könnte, gibt es reichlich.
Ohne eine vernünftige Lösung wird das außerparlamentarische politische Leben in der Bundesrepublik empfindlich geschwächt. Politische Bündnisse etwa gegen Rassismus, gegen Antisemitismus und für Demokratie werden extrem erschwert, wenn jeder Turnverein, der sich anschließen will, um seine Gemeinnützigkeit fürchten muss. Dabei waren solche gemeinsamen Initiativen gerade mit Beteiligung vermeintlich unpolitischer Gruppen noch nie so wichtig wie heute.
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