Gemeinnützigkeit der VVN-BdA: Ein schlechter Witz
Nach langem Hin und Her erhält die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes die Gemeinnützigkeit zurück. Das Verfahren hätte es nicht geben dürfen.

Wieder gemeinnützig: VVN-BDA, hier als Fahne auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde in Berlin Foto: Christian Spicker/imago
Endlich mal eine gute Nachricht: Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten erhält ihre Gemeinnützigkeit zurück. Dass es dazu erst einer „eingehenden Prüfung“ durch das Berliner Finanzamt bedurfte, bleibt allerdings ein schlechter Witz. Alleine schon der Versuch, diese traditionsreiche antifaschistische Organisation finanziell in ihrer Existenz zu bedrohen, war schlicht schäbig.
Ja, es stimmt: In der VVN – erst später: VVN-BdA – haben von Anfang an Kommunist:innen eine zentrale Rolle gespielt. Aber wie hätte es denn anders sein können? Schließlich waren sie die Ersten, die der Furor der Nazis traf. Als der Sozialdemokrat Otto Wels am 23. März 1933 seine legendäre Rede gegen das Ermächtigungsgesetz hielt, war den Abgeordneten der KPD schon allesamt ihr Mandat aberkannt worden. Als der große Liberale und spätere Bundespräsident Theodor Heuss im Reichstag dem Ermächtigungsgesetz zustimmte, waren seine kommunistischen Parlamentarierkolleg:innen bereits verhaftet oder auf der Flucht.
Dass sich unter den Widerstandskämpfer:innen und KZ-Überlebenden, die nach dem Sieg der Alliierten über den Hitler-Faschismus die VVN gründeten, aus gutem Grund viele Kommunist:innen befanden, hat diese Organisation in der antikommunistisch geprägten Bundesrepublik schon zu Zeiten Konrad Adenauers zur Zielscheibe gemacht – inklusive eines 1962 gescheiterten Verbotsversuchs. Noch in den 1970er und 1980er Jahren wurden VVN-Mitglieder im öffentlichen Dienst zu Opfern des „Radikalenerlasses“. Diese beschämende Geschichte darf man nie vergessen, um zu beurteilen, wie ungeheuerlich es ist, der VVN-BdA heutzutage finanziell das Wasser abdrehen zu wollen.
Sicher, die organisierten Kommunist:innen sind vielen, auch fatalen Irrtümern aufgesessen – ihr Widerstand gegen den Faschismus gehört jedoch nicht dazu. In Deutschland mit administrativen Mitteln gegen Antifaschist:innen vorzugehen war und ist ein Skandal. Gut, dass er im aktuellen Fall jetzt korrigiert worden ist.
Leser*innenkommentare
tomás zerolo
E.A.N.:
"Die Bewertung einer Organisation [...] umfasst ALLE Aktivitäten."
Und jetzt nennen Sie mir konkret EINE Aktivität der VVN-BdA, die den Entzug der Gemeinnützigkeit in Ihren Augen rechtfertigt hätte.
"Von den Linken lernen heißt siegen lernen."
In was für einer verdrehten, kranken Alternativrealität Sie wohl leben müssen. Muss furchtbar dort sein. Sie tun mir leid.
e.a.n
Zitat: "Sicher, die organisierten Kommunist:innen sind vielen, auch fatalen Irrtümern aufgesessen – ihr Widerstand gegen den Faschismus gehört jedoch nicht dazu."
Die Bewertung einer Organisation bezüglich der Gemeinnützigkeit umfasst ALLE Aktivitäten.
Eine Organisation, die in einem Verfassungsschutzbericht eines Landes oder des Bundes als „extremistisch“ genannt wird, kann nicht gemeinnützig sein.
Die AfD und Ihre Unterorganisationen werden dieses Urteil sehr genau lesen und sich dementsprechend aufstellen.
Von den Linken lernen heißt siegen lernen.
82286 (Profil gelöscht)
Gast
Ein Hinweis darauf, daß auch Erich Honecker in Nazigefängnissen saß, und der letzte Absatz Ihres Kommentars hätte noch besser gepaßt.
SixT8
Das es überhaupt so weit kommen kann, daß eine Behörde einem Verein wie den VVN-BdA die Gemeinnützigkeit entzieht, zeigt auf drastische und erschreckende Weise wie weit die Faschisten wieder und immernoch im Verwaltungssystem die Fäden ziehen. Besser kann man gar nicht zeigen, wie wichtig dieser Verein ist.
Ich werde dort jetzt wohl eintreten.
75787 (Profil gelöscht)
Gast
@SixT8 Wie sagte Adorno einst in seinem legänderen
Rundfunkvortrag "Was bedeutet: Aufarbeitung der Vergangenheit": "Ich betrachte das Nachleben des Nationalsozialismus IN der Demokratie als potentiell bedrohlicher denn das Nachleben faschistischer Tendenzen GEGEN die Demokratie."