Gema versus Youtube: Krass rot
Vor Südsudan und Vatikan: Deutschland ist das Land mit den meisten gesperrten Youtube-Videos. Eine Agentur hat das mit Hilfe einer App visualisiert.
BERLIN taz | Der Sänger Psy produzierte mit seinem Gangnam Style das erfolgreichste Youtube-Video aller Zeiten. Der Koreaner wurde dank der Videoplattform Youtube weltberühmt. Davon ist in Deutschland allerdings wenig zu sehen. Denn wer sein offizielles Video bei Youtube anschauen will, wird mit dem Satz: „Dieses Video ist in Deutschland nicht verfügbar“ konfrontiert. Diese Sperrungen sind hierzulande frustrierender Alltag.
Die Berliner Betreiber von Opendatacity, haben deshalb die Software „Gema versus YouTubes Top 1000“ entwickelt, die das Ausmaß der Video-Sperrungen bei Youtube veranschaulichen soll. „Wir haben versucht eine etwas andere Perspektive auf das Problem zu entwickeln“, erklärt Lorenz Matzat von Opendatacity, einer Agentur für Visualisierungen von frei verfügbaren Daten.
Da es keine offizielle Liste der beliebtesten Videos von Youtube gibt, hat Opendatacity eine eigene Top 1000 entwickelt. Mithilfe von über 200.000 Suchanfragen in verschiedenen Ländern wird regelmäßig eine Liste der Videos mit mehr als 40 Millionen Aufrufen erstellt. Dann wird überprüft, wie viele dieser Videos weltweit über Youtube verfügbar sind.
Deutschland liegt mit 61,5 Prozent gesperrter Videos mit Abstand auf dem ersten Platz. Damit sind 615 Videos in Deutschland nicht zu sehen. Der Südsudan mit 15 Prozent und der Vatikan mit fünf Prozent gesperrter Videos liegen auf dem zweiten und dritten Platz.
Mögliche Rechtsprobleme
Lorenz Matzat beschreibt, dass ihm durch das Projekt klar geworden sei, dass die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (Gema) nicht ausschließlich der Grund für die Sperrung der Videos ist. Youtube handle sehr proaktiv und sperre Seiten im Voraus, um mögliche Zahlungen an die Gema zu vermeiden. Die Anwendung von Opendatacity zeigt, dass 53 Prozent der Videos auf Grund möglicher Rechtsprobleme in Deutschland gesperrt sind. Nur mit acht Prozent der Videos gibt es urheberrechtliche Probleme.
Diesem schlechten Image versucht die Gema entgegen zu wirken. Laut eines Berichtes der Wirtschaftswoche hat sie eine Unterlassungsklage gegen den Sperr-Hinweis von Youtube eingelegt. Dieser suggeriere, dass die Gema für die Sperrung des Videos verantwortlich sei.
Der Grund für die Sperrung ist der Urheberrechtsstreit zwischen Youtube und Gema. Die Verwertungsgesellschaft ist in Deutschland für die Einhaltung der Nutzungsrechte und des Urheberrechtes von Musikwerken zuständig. Seit 2009 versuchen sich Youtube und die Gema auf eine Vergütung von Youtube-Videos zu einigen.
Opendatacity wird das Problem mit den Sperrungen der Youtube-Videos von Psy und anderen Musikern in Deutschland nicht lösen, aber mit ihrer Visualisierungs-App macht die Kombination Gema und Youtube wenigstens Spaß.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Sturz des Assad-Regimes
Freut euch über Syrien!
Krieg in Nahost
Israels Dilemma nach Assads Sturz
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
Weihnachten und Einsamkeit
Die neue Volkskrankheit
Grünes Wahlprogramm 2025
Wirtschaft vor Klima
Missbrauch in der Antifa
„Wie alt warst du, als er dich angefasst hat?“