Geldpolitik in den USA: Fed senkt den Leitzins um Minispanne
Die US-Notenbank reagiert auf die Arbeitsmarktprobleme und signalisiert den Beginn einer möglichen Wende. Politischer Druck verschärft das Dilemma.

Anlass seien die schwachen Arbeitsmarktdaten und eine hartnäckige Inflation, sagte Fed-Chef Jerome Powell, das sei eine „herausfordernde Situation“. Die Notenbank habe nun den ersten Schritt unternommen, den Leitzins in Richtung eines neutralen Niveaus zu drücken, das die Wirtschaft weder bremst noch antreibt.
US-Präsident Donald Trump hat den unabhängigen Zentralbankchef immer wieder mit Kritik überzogen und zu kräftigen Zinssenkungen gedrängt. Zuletzt entsandte er seinen Vertrauten Stephen Miran ins Fed-Direktorium, um eine vakant gewordene Stelle auszufüllen. Der beurlaubte Wirtschaftsberater Trumps konnte nach der Bestätigung im Senat im Eilverfahren nun erstmals über den Leitzins mit abstimmen: Er votierte als einziges Mitglied im Offenmarktausschuss (FOMC) für eine kräftigere Senkung um einem halben Prozentpunkt.
Powell machte vor der Presse deutlich, dass Mirans Forderung nach einem XL-Zinsschritt im FOMC keinen Anklang fand: „Es gab heute überhaupt keine breite Unterstützung für eine Senkung um 50 Basispunkte.“ Ein solch großer Zinsschritt komme eigentlich nur dann in Frage, wenn die Geldpolitik schnell neu ausgerichtet werden müsse, so Powell. Der FOMC haben einen hohen Grad an Einigkeit an den Tag gelegt. Auch die Direktoriumsmitglieder Christopher Waller und Michelle Bowman, die bereits im Juli eine Zinssenkung gefordert hatten, stimmten diesmal mit der Mehrheit und schlossen sich nicht dem Minderheitsvotum Mirans an.
Keine Überraschung
Für KfW-Chefvolkswirt Dirk Schumacher war der nun von der Fed vollzogene Zinsschritt ausgemachte Sache: „Dies nicht etwa, weil die Fed dem Druck aus dem Weißen Haus nachgibt, sondern weil der Arbeitsmarkt in den USA sich mittlerweile in einer deutlich schwächeren Verfassung zeigt.“
Die US-Börsen reagierten mit einer Berg- und Talfahrt auf den Zinsentscheid und Powells Pressekonferenz. Zum Handelsschluss standen die Indizes in etwa wieder da, wo sie vor dem Entscheid gestanden hatten.
Die Notenbank hatte die erste Senkung im laufenden Jahr auf die lange Bank geschoben, da sie sich zunächst ein Bild von den Folgen der von Trump betriebenen Zollpolitik auf Wirtschaft und Inflation machen wollte. Powell erklärte nun, die Zölle würden den Preisdruck zwar erhöhen. Es sehe jedoch zunehmend danach aus, dass es sich um einen Einmaleffekt handele, der keinen inflationären Prozess auslöse.
Herausforderungen für die Fed
Nach einer markanten Abkühlung des Arbeitsmarkts stellte Powell jüngst jedoch die Signale auf Zinssenkung. Im August kamen in den USA nur noch 22.000 neue Jobs außerhalb der Landwirtschaft hinzu. Eine Datenrevision offenbarte überdies frühe Schwächen des amerikanischen Jobmarkts. Zugleich ist die Inflationsgefahr noch nicht gebannt: Die Verbraucherpreise zogen im August an – auf eine Teuerungsrate von 2,9 Prozent.
Trump hat die Federal Reserve immer wieder wegen des aus seiner Sicht zu zögerlichen Zinskurses kritisiert. Zuletzt hatte die Notenbank den Leitzins im Dezember 2024 gesenkt, nachdem sie im September 2024 die Zinswende eingeleitet und im November nachgelegt hatte. Neben verbalen Attacken auf Powell hat Trump auch versucht, Fed-Direktorin Lisa Cook zu feuern. Ein Berufungsgericht in Washington lehnte es jedoch vorerst ab, Trump die Entlassung zu gestatten. Der Fall Cook hat an den Finanzmärkten Sorgen um die Unabhängigkeit der Fed ausgelöst.
„Die Fed bleibt ihrem Mandat und ihrer Unabhängigkeit bislang absolut treu. Die Zinssenkung ist makroökonomisch voll vertretbar und war an den Kapitalmärkten genau so erwartet worden“, so das Fazit von DekaBank-Chefvolkswirt Ulrich Kater. Noch funktioniere die unabhängige Geldpolitik in den USA.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert