Geld für EinwohnerInnen Hongkongs: Prinzip Gießkanne
Das rezessionsgeplagte Hongkong verteilt „Helikoptergeld“ an alle Einwohner. Die EU sollte das auch tun, statt weiter Geld in die Banken zu pumpen.
H ongkong macht es richtig: Der Stadtstaat will „Helikoptergeld“ verteilen und jeden Bürger mit umgerechnet 1.300 US-Dollar beglücken. Mit diesem Zusatzgeld soll die heimische Wirtschaft angekurbelt werden, die erst unter den heftigen Unruhen gelitten hat und jetzt durch das Coronavirus zum Stillstand kommt.
Die Eurozone sollte Hongkong kopieren: Es ist deutlich effektiver, Helikoptergeld direkt an die Bürger auszuzahlen, anstatt Geld in die Banken zu pumpen. 2,6 Billionen Euro hat die Europäische Zentralbank (EZB) schon an die Banken verteilt, um die Kreditzinsen nach unten zu drücken. Doch passiert ist wenig. Die Wirtschaft in der Eurozone dümpelt, weil fast niemand Darlehen aufnimmt, um in die Realwirtschaft zu investieren. Stattdessen wird heftig spekuliert: Aktienkurse und Immobilienpreise explodieren.
Helikoptergeld hat den Vorteil, dass es direkt bei den Normalbürgern landet, die sich damit lang gehegte Wünsche erfüllen können – und die Nachfrage ankurbeln. Allerdings hat es auch Schwächen, weil es nach dem Prinzip „Gießkanne“ funktioniert: Selbst Reiche erhalten den Geldsegen. Diese Mittel dürften verpuffen, denn Wohlhabende neigen dazu, zusätzliches Einkommen zu sparen.
Effektiver wäre es daher, das Geld nicht an die Bürger auszuzahlen – sondern an den Staat. Er könnte es gezielt an die Ärmeren weiterleiten und ansonsten selbst investieren. Projekte, in die Geld fließen müsste, gibt es genug, von der Schulsanierung bis zum Klimaschutz.
Alternative zum Staat
Diese naheliegende Strategie ist jedoch verbaut, weil es den Neoliberalen gelungen ist, den Staat zu verteufeln. Nur deswegen gibt es ja das Konzept vom Helikoptergeld: Erfunden wurde es vom Neoliberalen Milton Friedman, der staatliche Konjunkturprogramme vehement ablehnte und eine Alternative suchte, um Wirtschaftskrisen zu beheben.
Aber was soll’s: Die Eurozone ist neoliberal konstruiert. Ein neoliberales Helikoptergeld ist also immer noch besser, als die bisherigen EZB-Experimente fortzusetzen.
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