Geld für Desiderius-Erasmus-Stiftung: Das Abwarten ist absurd
Die AfD-Stiftung mit Steuergeldern nähren? Ein liberaler Rechtsstaat zeichnet sich eben nicht dadurch aus, dass er seine Gegner auch noch finanziert.
S chon der Name ist eine Provokation. Desiderius Erasmus von Rotterdam war ein Universalgelehrter und Humanist des 16. Jahrhunderts. Der rastlose Mann hat mehr als 150 Bücher geschrieben.
Gewiss war sein Denken der damaligen Zeit verhaftet, als von Rechtsstaat oder Demokratie keine Rede sein konnte. Aber Desiderius war ein Vordenker. Ausgerechnet nach diesem Menschen hat die rückwärtsgewandte AfD ihre parteinahe Stiftung benannt.
Die taz bietet nun mit der Veröffentlichung über interne Querelen einen Einblick in die innere Verfasstheit dieses Vereins. Da wird zweierlei deutlich: Erstens sind die rechtsextremen und verschwörungsideologischen Tendenzen in dieser Institution kein unbedeutendes Randphänomen, sondern Programm. Und zweitens bemüht sich die Stiftungs-Chefin Erika Steinbach dennoch darum, das Bild eines seriösen demokratischen Vereins zu kreieren.
Versäumnis des Bundestags
Es wäre absurd, wenn der demokratische Staat diese Natter auch noch mit Steuergeldern nähren würde. Ein liberaler Rechtsstaat zeichnet sich eben nicht dadurch aus, dass er seine Gegner auch noch finanziert.
Unglücklicherweise jedoch hat es der Bundestag versäumt, dies nach eindeutigen rechtsstaatlichen Regeln zu bestimmen. Es existiert nämlich gar kein Gesetz, das die Finanzierung der parteinahen Stiftungen regelt.
Warten auf Karlsruhe
Die AfD ist nicht verboten, schon gar nicht ihre Stiftung. Deshalb klagt die Partei auf Rechtsgleichheit: Wenn alle im Bundestag vertretenen Parteien staatlich alimentiert werden, warum dann nicht die Desiderius-Stiftung? An dieser Argumentation ist leider etwas dran.
Die Mehrheit des Bundestags wartet ab. Sie wartet auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in dieser Angelegenheit. Es ist denkbar, dass die Richter der AfD in Teilen recht geben.
Dann wird das Wehklagen groß sein. Von der Zivilgesellschaft, die sich gegen den Rechtsextremismus stellt, zu Recht. Aber die demokratischen Parteien im Bundestag haben es sich selbst zuzuschreiben, sollte geschehen, dass Rechtsextreme künftig über Millionen aus dem Staatssäckel verfügen dürfen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Wirkung der Russlandsanktionen
Der Rubel rollt abwärts
Frauen in der ukrainischen Armee
„An der Front sind wir alle gleich“
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“