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Gehaltsaffäre in NiedersachsenDumm gelaufen, Herr Weil

Nadine Conti
Kommentar von Nadine Conti

Die Kritik in der Gehaltsaffäre hat sich der Ministerpräsident redlich verdient – auch wenn die manchmal einen komischen Unterton hat.

Hätte er doch lieber Kamelle verteilt: Niedersachsens spendabler Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) Foto: Julian Stratenschulte/dpa

K lar, kaum ein Oppositionsredner kam in dieser Landtagsdebatte ohne den Verweis auf die Hannoversche Rathausaffäre aus. Passt ja auch prima ins Bild: Diese Sozis wieder, immer nur damit beschäftigt, den eigenen Genossen möglichst dicke Zulagen zuzuschanzen.

Das Lustige ist: Als Oberbürgermeister Stefan Schostok (SPD) nach langem Gezerre um unzulässige Gehaltszulagen seinen Hut nehmen musste, hieß es noch: „Unter Weil wäre so etwas nie passiert.“ Der Vorgänger im Oberbürgermeisteramt, damals schon Ministerpräsident, galt stets als zu klug und zu vorsichtig. Haben ihn auf seine alten Tage die Instinkte verlassen? Wird er arrogant?

Es ist der Opposition natürlich überhaupt nicht zu verdenken, dass sie diese Gehaltsaffäre genüsslich ausschlachtet, die CDU wäre dumm, wenn sie diese Gelegenheit ausließe. Die Verteidigungslinie, man müsse die Attraktivität des Landesdienstes im Auge haben, ist tatsächlich ein bisschen dünne. Vor allem, wenn einem das erst auffällt, sobald es das persönliche Umfeld betrifft. Die SPD regiert immerhin schon ein Weilchen.

Quereinsteiger haben es auch anderswo schwer

Es gibt etliche Bereiche der öffentlichen Verwaltung, die Schwierigkeiten haben Fachleute aufzutreiben, weil die starre Besoldungsordnung ihnen nicht erlaubt, konkurrenzfähige Angebote zu machen – das fasst aber natürlich keiner an. Und auch darüber, ob es eigentlich noch gut und richtig ist, dass man sich im öffentlichen Dienst eine höhere Entgeltstufe schlicht ersitzen kann, könnte man ja vielleicht einmal reden.

Es gibt allerdings in den Debatten, die sich jetzt auf den Seiten der regionalen Medien entspinnen, auch den einen oder anderen unangenehmen Unterton. Die Hannoversche Allgemeine Zeitung erklärt den lieben Lesern im Sendung-mit-der-Maus-Ton erst einmal, dass so eine Büroleiterin schon etwas anderes als eine Sekretärin ist.

Andere Zeitungen titulieren sie vorzugsweise als „Steuerfachangestellte“, obwohl in ihrem Lebenslauf noch ein paar andere Dinge stehen, ein Master of Law in Steuerrecht zum Beispiel, Tätigkeiten für den Hamburger Senat und eine große Unternehmensberatung, ein Bürgermeisteramt. Aber die Fallhöhe muss natürlich stimmen, Leserbriefschreiber finden dann prompt, dass so eine 33-Jährige ja auch echt nicht 8.000 Euro verdienen muss. Nun ja.

Es gäbe interessantere Dinge zu untersuchen

Wirklich interessant könnte es werden, wenn sowohl die SPD als auch die CDU eine Drohung wahr machen würde, mit der sie sich im Eifer des parlamentarischen Gefechts heute gegenseitig beharkten: nämlich die Beförderungspraxis der verschiedenen schwarz oder rot geführten Ministerien insgesamt unter die Lupe zu nehmen. Aber so weit wird es wohl nicht kommen.

Und wie viel Neues kann dieser Untersuchungsausschuss nun tatsächlich noch zu Tage fördern? Dass es ausreichen wird, um den Ministerpräsidenten zu Fall zu bringen, scheint im Moment nicht einmal die Opposition zu glauben. Aber vielleicht gelingt es ihr ja immerhin, ein deutliches Stopp-Zeichen zu setzen. Dann gibt es künftig vielleicht ein paar Beförderungen nach Gutsherrenart weniger.

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Nadine Conti
Niedersachsen-Korrespondentin der taz in Hannover seit 2020
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2 Kommentare

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  • Warum äußert sich Frau Colpan nicht zu ihrem Karriersprung? Ihr war die Parität von Mann und Frau in der Bundesregierung auf einmal nicht so wichtig, als Pistorius Verteidigungsminister wurde. Sie lobte die Kompetenz und den Karrieresprung von Pistorus in höchsten Tönen im Welt-Interview. Solidarität mit ebenso geeigneten Frauen in der SPD war auf einmal nicht so wichtig im parteiinternen Karrieremikado.

    Dass ein niedersächsischer Spitzen-Grüner Kritik an der Gehaltbeförderung von Colpan nach Gutsherrenart als Banalität abbuchte, gibt stark denken.

    Vor allem wenn man weiß, dass es Filzvorwürfe gegen den Bruder des Ministerpräsidenten Günther gab, der eine Turbokarriere in der Verwaltung des schleswig-holsteinischen Landtages machte, gefördert von einen wichtigen Landtagsabgeordneten der CDU.

    Insofern dürften genaue Recherchen bei einem Untersuchungsauschuss in Niedersachsen bei allen etablierten Parteien interessante Erkenntnisse ergeben, was durch Parteiturbos beförderte Karrieren im Landtagen, Verwaltungen, Schulen oder Gerichten angeht.

    www.welt.de/politi...-Aynur-Colpan.html

    www.bild.de/politi...83129010.bild.html

    taz.de/Personaldeb...Holstein/!5561471/

  • Was mich irtitiert, ist die oftmals " lustige" Berichterstattung, wenn es um Zuschustern von Steuergeldern geht.



    Kann mir mal jemand erklären, warum das zum Lachen ist?