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Geflüchtete und WertvorstellungenKaum Wertekonflikte

Eine Studie hat die kulturelle Integration von Geflüchteten untersucht. In vielen Bereichen können diese sich auf Unterschiede gut einstellen.

Für die Studie wurden Geflüchtete auch zum Thema Homosexualität befragt Foto: dpa

Berlin taz | Vieles ist für sie in Deutschland anders; und doch scheinen sich Geflüchtete auf kulturelle Unterschiede gut einstellen zu können. Das legt eine Studie des Forschungsbereichs des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) und der Robert Bosch Stiftung nahe.

369 Geflüchtete haben die Verfasser*innen interviewt, beispielsweise zur Gleichbehandlung aller Menschen vor dem Gesetz, dem Umgang mit Homosexualität oder kulturellen und religiösen Minderheiten. Die Befragten kamen aus elf verschiedenen Ländern, die meisten aus Syrien, Afghanistan und dem Irak.

„Zunächst ging es um die Einschätzung der Befragten, wie wichtig bestimmte kulturelle Werte den Menschen in ihrem Heimatland sind“, erklärte Timo Tonassi vom SVR bei der Vorstellung der Studie am Donnerstag. „Dann fragten wir, welche Rolle diese für die Menschen in Deutschland spielen. Wenn Befragte Unterschiede wahrnahmen, sollten sie angeben, wie leicht oder schwer es ihnen fällt, mit diesen umzugehen.“

Bei den meisten Aspekten nahmen die Geflüchteten mehrheitlich keine Differenzen wahr. So gaben etwa nur 38 Prozent der Befragten an, dass der Umgang mit religiösen und kulturellen Minderheiten den Menschen in Deutschland wichtiger sei als denen in ihrem Heimatland.

Keine Probleme bei Gleichberechtigung

Laut der Studie fällt jenen Geflüchteten, die Unterschiede wahrnehmen, die Anpassung in vielen Bereichen sehr leicht oder eher leicht. So waren etwa 80 Prozent der Befragten der Auffassung, dass die rechtliche Gleichbehandlung aller Menschen in Deutschland einen hohen Stellenwert hat. Nur knapp 60 Prozent Prozent machten das auch für ihre Heimatländer geltend. „Eine deutliche Mehrheit kommt nach eigener Einschätzung mit diesen Unterschieden sehr leicht oder leicht klar: fast 80 Prozent bei der gesetzlichen Gleichbehandlung, über 70 Prozent mit Blick auf die Gleichberechtigung der Geschlechter“, hielt Tonassi fest. Noch positiver waren die Zahlen beim Umgang mit religiösen und kulturellen Minderheiten.

Allerdings gebe es auch Bereiche, in denen Geflüchtete vor größeren Herausforderungen stünden. Das gelte etwa für das Thema Homosexualität. „Rund 40 Prozent der Befragten, die hier Unterschiede wahrnehmen, antworten, dass es ihnen schwer oder sehr schwer fällt, sich auf diese einzustellen“, sagte Tonassi. Das sei der höchste Wert bei den abgefragten Aspekten. Der Wissenschaftler betonte, dass daraus aber nicht auf ein abwertendes Verhalten geschlossen werden könne.

Die Ergebnisse der Studie sind nicht repräsentativ. Cornelia Schu, Direktorin des SVR-Forschungsbereichs, betonte jedoch, die Aussagen seien verlässlich: „Die Studie spiegelt die wichtigsten Herkunftsländer und damit das Gros der Asylsuchenden ab.“ Das gelte auch für das Geschlechterverhältnis und die Altersstruktur: 80 Prozent der Befragten waren Männer, das Durchschnittsalter lag bei 27 Jahren. Muslime machten 70 Prozent der Teilnehmenden aus. Die Ergebnisse deckten sich dabei durchaus mit bereits veröffentlichten Studien, so Schu.

Zumindest Vorbehalte über die Aussagekraft ruft die geringe Anzahl der Befragten hervor: Gaben sie an, keine Unterschiede zwischen ihrem Heimatland und Deutschland zu sehen, wurden sie folgerichtig auch nicht nach ihrem Umgang mit diesen Unterschieden befragt. Dadurch schrumpfte die Gruppe derer, die darüber Auskunft gaben; manche Ergebnisse stützen sich lediglich auf 131 Antworten.

In Unterschieden liegt auch Potenzial

Für die Verfasser*innen ist klar, dass staatliche Integrationsmaßnahmen nicht überschätzt werden sollten. „Gelebte Alltagserfahrungen sind wichtig. Begegnungen und direkter Austausch zwischen Aufnahmegesellschaft und Neuankömmling müssen gefördert werden“, sagte Schu.

Ihr sei es wichtig, kulturelle Unterschiede nicht automatisch negativ zu bewerten. „Viele Flüchtlinge finden, dass der Respekt gegenüber älteren Familienmitgliedern und der Stellenwert der Familie in Deutschland geringer sind als in ihren Herkunftsländern. Da liegt doch Potenzial für unsere Gesellschaft.“

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2 Kommentare

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  • Ich finde das Ergebnis tatsächlich wenig überraschend. Die Probleme ergeben sich eher in der zweiten Generation, wie mensch in Frankreich sehen konnte.

    Diejenigen, die die Erfahrung machen, dass sie eben "der Algerier" oder "der Türke" bleiben, obwohl sie in Westeuropa geboren sind, und "irgendwie nicht dazugehören": mit den damit einhergehenden sozialen und wirtschaftlichen Benachteiligungen.

    Insofern denke ich, dass staatliche Integrationsmassnahmen elementar sind, aber sie müssen (a) auf Langzeit eingerichtet sein und (b) berücksichtigen, dass Integration in beide Richtungen geht.

  • Ich finde das Ergebnis tatsächlich wenig überraschend. Die Probleme ergeben sich eher in der zweiten Generation, wie mensch in Frankreich sehen konnte.

    Diejenigen, die die Erfahrung machen, dass sie eben "der Algerier" oder "der Türke" bleiben, obwohl sie in Westeuropa geboren sind, und "irgendwie nicht dazugehören": mit den damit einhergehenden sozialen und wirtschaftlichen Benachteiligungen.

    Insofern denke ich, dass staatliche Integrationsmassnahmen elementar sind, aber sie müssen (a) auf Langzeit eingerichtet sein und (b) berücksichtigen, dass Integration in beide Richtungen geht.