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Gedenktag in IsraelZoff um Gedenken an Gefallene

In Israel ist ein Streit über die Teilnahme von Po­li­ti­ke­r*in­nen am Gedenktag für Gefallene entbrannt. Am Dienstag kam es zu Rangeleien und Protest.

Auf einem Militärfriedhof in Jerusalem ertönen zum Gedenktag für die gefallenen Soldaten die Sirenen Foto: Ronen Zvulun/dpa

Tel Aviv taz | Der diesjährige Gedenktag für gefallene Sol­da­ten*­in­nen und Terroropfer dürfte einer der denkwürdigsten in der Geschichte Israels sein. Normalerweise beschwört das Land an diesem Tag seine Einheit, Sirenen heulen, Israel steht für einige Minuten still. An der Klagemauer und auf dem Herzlberg in Jerusalem sowie auf Friedhöfen im ganzen Land versammeln sich Angehörige von Gefallenen, Politiker halten Reden, Kränze werden niedergelegt.

Doch von Einigkeit ist in diesem Jahr wenig zu spüren. Auf mehreren Friedhöfen kam es am Dienstag zu Rangeleien zwischen Angehörigen von Gefallenen und Sicherheitskräften. Auch Familien von Gefallenen gingen aufeinander los.

In der Stadt Beer Sheva wurde ein Auftritt des rechtsextremen Ministers für Nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, von starken Sicherheitsvorkehrungen begleitet. Seine Rede wurde immer wieder von Rufen wie „Du bist kein Kämpfer, sondern ein Faschist“ unterbrochen.

Während einer Rede der Verkehrsministerin Miri Regev in Holon schallte ihr „Schande!“ entgegen. Aus Protest sangen Anwesende die israelische Nationalhymne. Im nördlichen Isfiya wurde Geheimdienstministerin Gila Gamliel von Re­gie­rungs­kri­ti­ke­r*in­nen gehindert, den Friedhof zu betreten.

Einige Po­li­ti­ke­r*in­nen hatten ihre Teilnahme an den Feierlichkeiten auf den Friedhöfen bereits im Vorfeld abgesagt. Denn seit Wochen hatten Angehörige von Gefallenen gefordert, dass in diesem Jahr keine Po­li­ti­ke­r*in­nen zu den Gedenkzeremonien kommen und Reden halten.

Viele Angehörige nehmen nicht nur Anstoß daran, dass einige rechtsextreme Po­li­ti­ke­r*in­nen Ansprachen halten sollten. Für sie steht im Zentrum, dass viele auf den Rednerlisten selbst nicht in der Armee gedient haben – etwa die Politiker der an der Regierungskoalition beteiligten ultraorthodoxen Parteien sowie eine Reihe von religiös-zionistischen Politiker*innen.

Wehrdienst im Mai in der Knesset

Ohnehin wird der seit langem schwelende Streit über den Wehrdienst derzeit besonders heftig ausgefochten. Eigentlich ist der Wehrdienst in Israel für Männer und Frauen ab 18 Jahren obligatorisch. Ultraorthodoxe werden jedoch durch eine Reihe von Regelungen vom Wehrdienst befreit, wenn sie nachweisen können, dass sie in einer religiösen Schule die Tora und den Talmud studieren. Religiöse Frauen erhalten automatisch eine Befreiung.

Aktuell versuchen die ultraorthodoxen Regierungsparteien erneut, ihre Sonderstellung in Bezug auf den Militärdienst in die verfassungsähnlichen Grundgesetze des Landes einzuschreiben. Derartige Vorstöße hat das Oberste Gericht in der Vergangenheit unterbunden – für die Ultraorthodoxen einer der zentralen Gründe, mit der geplanten Justizreform die Macht des Obersten Gerichts beschneiden zu wollen.

Doch die Frustration der Säkularen über die Ungleichbehandlung wächst. „Gleichheit bei der Last“ fordern Re­gie­rungs­geg­ne­r*in­nen und fordern die Ultraorthodoxen auf, in der Armee zu dienen. Das von den ultraorthodoxen Parteien vorangetriebene Gesetz soll im Mai in der Knesset diskutiert werden. Die Parteien haben gedroht, die Regierung platzen zu lassen, sollte es nicht verabschiedet werden.

Schüsse auf Läufer

Die Gedenkfeierlichkeiten am Dienstag wurden von zwei Anschlägen überschattet. Am Vormittag wurde bei einem mutmaßlichen Terroranschlag ein 28-jähriger Israeli durch Schüsse aus einem fahrenden Auto verletzt. Der Mann war mit einer Gruppe von Läufern unterwegs, die an einem Lauf zum Gedenktag teilnahmen. Am Vortag war ein mutmaßlicher Attentäter in eine belebte Straße in der Nähe des Mahane Yehuda Marktes in Jerusalem gefahren und hatte fünf Menschen verletzt, einen davon schwer.

Normalerweise schlägt die Trauerstimmung am Abend des Gedenktags in ausgelassene Feierstimmung um. Mit Nationalflaggen, Tröten und weiß-blauen Schaumschlachten feiern Israelis dann die Gründung des Staates, die sich an diesem Mittwoch zum 75. Mal jährt. Doch die Spaltung des Landes wird dieses Jahr wohl auch am Unabhängigkeitstag nicht vorbeigehen.

Und auch die andere Spaltung ist sichtbar: Für Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen ist der israelische Unabhängigkeitstag kein Tag der Freude, sondern eine Erinnerung an die Nakba, auf Deutsch: Katastrophe. Im Zuge der Staatsgründung im Jahr 1948 wurden rund 700.00 Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen vertrieben oder flohen.

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