Gedenkstätte in Berliner Gefängnis: Polizeizellen zu Lernorten
Eine Initiative will das Gefängnis der Volkspolizei am Alexanderplatz zum "Lernort" umgestalten.
Von außen deutet nichts darauf hin, dass sich hinter der hellen Natursteinfassade des schmucklosen Zweckbaus ein ehemaliges Gefängnis der Volkspolizei verbirgt. Hinter Hotels und einem Café mit dem bezeichnenden Namen „Wandel“ reihen sich auf sieben Etagen 140 schmale Zellen um einen Lichthof, verschlossen durch Türen mit Guckloch, Riegel und Essensdurchreichen. Im ersten Geschoss ist ein Netz gespannt, um Selbstmörder aufzufangen.
Nun soll der Komplex zum Lernort werden: die Initiativgemeinschaft ehemaliges Polizeigefängnis Keibelstraße und die Gedenkstätte im ehemaligen Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen wollen das alte Untersuchungsgefängnis der Öffentlichkeit zugänglich machen.
Außenstelle „Keibelritze“
Pläne, die ehemalige Haftanstalt zu öffnen, gibt es schon länger. Die von ehemaligen Häftlingen gegründete Initiative will sie jetzt endlich Gestalt annehmen lassen: Man hat sich zum Ziel gesetzt, „mit Führungen, Ausstellungen, Veranstaltungen und Seminaren die Geschichte des Hauses und der DDR-Volkspolizei als Stütze der SED-Diktatur darzustellen“, wie es in der Gründungserklärung von vergangener Woche heißt.
Unterstützt wird die Initiative dabei von der Gedenkstätte Hohenschönhausen. Deren stetig wachsenden Besucherzahlen, 2013 waren es knapp 400.000, übersteigen mittlerweile die Kapazitäten der Gedenkstätte: Anfragen von Besuchergruppen müssten laut André Kockisch, Sprecher der Gedenkstätte, immer öfter abgelehnt werden.
„Die Idee ist, in der Keibelstraße eine Art Außenstelle der Gedenkstätte Hohenschönhausen einzurichten, um diese zu entlasten“, erklärt Initiativengründer Harry Santos. Geplant sei ein Lern- und Bildungsort, an dem neben Führungen auch Bildungsangebote, etwa für Schülergruppen, stattfinden könnten. Die Überlegungen seien noch im Anfangsstadium. Fest stehe lediglich, dass die Initiativgemeinschaft der ehemaligen Häftlinge bei den Planungen eine tragende Rolle spielen sollen, so Kockisch.
Nicht nur die zentrale Lage am Alexanderplatz macht das Gefängnis für Besuchergruppen attraktiv. Es ist auch das einzige authentisch erhaltene DDR-Polizeigefängnis.
Zwischen 1951 und 1989 waren in der „Keibelritze“, wie die Untersuchungshaftanstalt II im Volksjargon genannt wurde, Kriminelle, politisch Verfolgte, Oppositionelle und gescheiterte „Republikflüchtlinge“ inhaftiert. Auch Santos saß hier 1982 ein: „Vorbereitung und Planung zum illegalen Grenzübertritt im schweren Fall“, lautete der Vorwurf, der ihm eine einjährige Haftstrafe einbrachte.
Wann die ersten Besucher durch die Zellenblöcke geführt werden können, lässt sich indes noch nicht sagen. Bauliche Veränderungen an dem denkmalgeschützten Objekt – die allerdings laut einem ersten Konzeptpapier möglichst klein gehalten werden sollen, um die Authentizität des Orts zu wahren – müssen noch geplant werden.
Auch die Finanzierung ist noch längst nicht abschließend geklärt: Man sei etwa mit der Senatsbildungsverwaltung im Gespräch, sagt Santos vage. Auch bei der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin will man sich laut Konzeptpapier um Mittel bemühen.
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