piwik no script img

Gedenken an verstorbenen FlüchtlingEin Straßenschild für Yaya Jabbi

Zur Erinnerung an den in Haft gestorbenen Yaya Jabbi haben Anwohner*innen den Verkehrskreis am Park Fiction umbenannt. Das Bezirksamt ließ die Schilder abmontieren.

Ist schon Vergangenheit: Gedenkschild für den verstorbenen Yaya Jabbi Foto: Katharina Schipkowski

HAMBURG taz | Das Straßenschild und die Gedenktafel für Yaya Jabbi standen keine zwei Tage auf St. Pauli, bevor sie vom Bezirksamt demontiert wurden. Die „Initiative in Gedenken an Yaya Jabbi“ hatte sie am vergangenen Sonntag, dem zweiten Todestag Jabbis, auf der Verkehrsinsel am Park Fiction errichtet. Am Dienstag in den frühen Morgenstunden entfernten Mitarbeiter des Bezirks beides, Schild und Tafel.

Der aus dem westafrikanischen Gambia nach Deutschland geflüchtete Jabbi hatte sich am 19. Februar 2016 im Alter von nur 21 Jahren in der Haftanstalt Hahnöfersand das Leben genommen. Zuvor war er auf St. Pauli mit 1,65 Gramm Marihuana von der Polizei erwischt worden. Eine geringe Menge, die normalerweise als Eigenbedarf gilt und daher strafrechtlich meist nicht verfolgt wird. In Hamburg liegt die Obergrenze für den Eigenbedarf aktuell bei 6 Gramm.

Jabbi musste für den Besitz von knapp eineinhalb Gramm Marihuana für einen Monat in Untersuchungshaft. Der zuständige Haftrichter ging wegen der Biografie des gebürtigen Guinea-Bissauers von einer Fluchtgefahr aus. Eine solche Fluchtgefahr ist laut Behörden gegeben, wenn die oder der Beschuldigte familiäre oder andere Verbindungen ins Ausland hat. Bei Flüchtlingen ist dies naturgemäß fast immer der Fall.

Der Sprecher des Bezirksamts Mitte, Norman Cordes, bestätigte, dass das Amt das Entfernen angeordnet hat: „Das geht nicht so einfach, dass ein Platz oder eine Straße umbenannt wird“, sagte er. Hierbei habe der Senat das letzte Wort, wobei Bürgerinnen und Bürger Vorschläge einreichen dürften. Das Abmontieren des Schildes mit der Aufschrift „Yaya Jabbi Circle“ und der Gedenktafel sei früh am Morgen erfolgt, da die Mitarbeiter des Amtes dies wohl als erstes auf dem Zettel gehabt hätten, behauptete Cordes.

Für den Sprecher der „AnwohnerInneninitiative Balduintreppe“ lässt sich durch das Abmontieren von Schild und Gedenktafel jedoch nicht die Erinnerung an Yaya Jabbi nehmen. St. Pauli müsse zur Kenntnis nehmen, dass hier ein junger Nachbar gestorben sei: „Es braucht einen Ort zum Gedenken“, sagte der Anwohner.

Yaya Jabbi

wurde 1989 in Guinea-Bissau geboren. 2013 ging er nach Libyen, um zu arbeiten.

In Hamburg kam er 2014 an. Er hatte einen Teilzeitjob.

Festgenommen wurde er im Januar 2016, im Februar beging er Suizid in Untersuchungshaft.

Zudem habe der Ort bisher keinen Namen gehabt, „daher haben wir den Verkehrskreisel auch nicht umbenannt, sondern überhaupt zunächst einmal benannt“. Das Park-Fiction-Komitee hatte der Aktion vorher zugestimmt.

Aktivistinnen und Aktivisten kritisieren seit Längerem die massiven Kontrollen von Geflüchteten durch die Polizei auf St. Pauli. Zudem kritisieren sie, dass die Haftbegründung der Fluchtgefahr bei Ausländern, vor allem bei Geflüchteten, exzessiv angewendet werde.

„Wenn Yaya Jabbi weiß und aus Blankenese gewesen wäre, hätte es einen peinlichen Anruf bei den Eltern gegeben“, sagte der Sprecher der „Initiative Balduintreppe“. Bei Geflüchteten ohne Arbeitserlaubnis gehe die Staatsanwaltschaft hingegen schon bei geringen Besitzmengen von gewerbsmäßigem Handel aus. Entsprechend hoch seien die verhängten Strafen.

Laut der Initiative Balduintreppe wird es weiterhin Aktionen und Veranstaltungen zum Gedenken an den Verstorbenen geben. Bei der Errichtung der Gedenktafel waren auch zwei Brüder und eine Cousine von Jabbi dabei. Für die Familie, so der Sprecher, sei es sehr wichtig, dass Yayas Tod kein anonymer bleibt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • "....die Gedenktafel für Yaya Jabbi standen keine zwei Tage auf St. Pauli, bevor sie vom Bezirksamt demontiert wurden."

    Da sieht man doch mal, was HH für eine konservative und spießige Stadt ist.

    Erstaunlich auch wie schnell das Bezirksamt gehandelt hat. Bei mir in der Straße stehen die Fußwegplatten hoch, die Grünanlage wird von Falschparkern plattgefahren und das beides schon seit Jahres. Das Bezirksamt (in diesem Fall aber Eimsbüttel) macht nichts, obwohl das doch dort bekannt sein müsste durch die Wegewarte.

    Verkehrte Welt in dieser SPD-Scholz- Hochburg.

  • Wird Polizei und Justiz - im vorauseilenden Kadavergehorsam - in HH still von AfD-Schergen kontrolliert?

    Oder handelt es sich lediglich um SPD-Blähungen, die mit Olafs Abgesang einhergehen?

  • @Leif Gütschow (AurorIn)

    Zitat:

    "Der aus dem westafrikanischen Gambia nach Deutschland geflüchtete Jabbi hatte sich am 19. Februar 2016 im Alter von nur 21 Jahren in der Haftanstalt Hahnöfersand das Leben genommen."

     

    Nachfrage:

    Ist es tatsächlich Aufgabe von Journalist*innen bzw. unabhängigen Medien Hofberichterstattung mit unhinterfragter Reproduktion von Behauptungen verantwortlicher Behörden zu betreiben?...Oder warum stellen Sie diese zweckdienliche Behauptung als Faktum dar?

  • Ja wo kommen wir da auch hin, die Behörde sitzt sicherlich in der Hindenburgstrasse - für Spätgeborene: Der Herr war ein Steigbügelhalter Hitlers und wird immer noch in der Hansestadt geehrt......