: Gebt her eure Anteile!
Berliner Initiative veröffentlicht Namen von prominenten Fondsanlegern der Bankgesellschaft. Sie sollen ihr Investment überdenken, weil die Immobilienfondsverluste den Landeshaushalt belasten
von RICHARD ROTHER
Der Druck auf die Profiteure des Bankenskandals wächst. Mit einer ungewöhnlichen Aktion meldete sich gestern die „Initiative Berliner Bankenskandal“ zu Wort. Sie veröffentlichte die Namen von rund 150 prominenten Anlegern der umstrittenen Immobilienfonds der Bankgesellschaft, deren Verluste die mehrheitlich landeseigene Bank beinahe in den Ruin getrieben hätten. Die Anleger sollen mit der Aktion dazu bewogen werden, ihr Finanzengagement zu überdenken und so den Landeshaushalt zu schonen. Das Abgeordnetenhaus hatte im April beschlossen, dass das Land für Verluste der Fonds in Höhe von bis zu 21,7 Milliarden Euro in den nächsten 30 Jahren aufkommt. Ab 2003 werden jährlich 300 Millionen fällig, während an allen Ecken und Enden gespart wird.
„Wir wollen mit unserer konstruktiven Provokation dem Gefühl von Ohnmacht und Wut Ausdruck verleihen, das in weiten Teilen der Bevölkerung herrscht“, sagte der FU-Politologe und Mitorganisator Peter Grottian gestern bei der Vorstellung der Initiative sichtlich erregt. Die Fondseigner seien moralisch in der Pflicht, über die Rückgabe ihrer Anteile oder die Reduzierung ihrer Renditen nachzudenken.
Die Bankgesellschaft hatte seit Mitte der 90er-Jahre Immobilienfonds aufgelegt, deren Konditionen weit besser als das Marktübliche waren. So wurden etwa Mieteinnahmen bis zu 30 Jahre garantiert, die Rücknahme der eingezahlten Beträge und überdurchschnittliche Renditen zugesichert. Für die Risiken haftet die Bank und mit ihr das Land. Der überwiegende Teil dieser Fonds war öffentlich zugänglich; jeder mit dem nötigen Kapital hätte profitieren können – im Ernstfall zu Lasten Berlins.
Von rund 70.000 Anlegern hat die Initiative 20.000 Namen gesichtet und sich entschlossen, rund 150 prominente zu veröffentlichen. Grottian: „Zumindest die Banker unter den Anlegern wussten genau, was sie taten.“ Auf der Liste sind unter anderem genannt: die Ehefrau von Exaußenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP), Barbara Genscher, die frühere Bundesausländerbeauftragte Cornelia Schmalz-Jacobsen (FDP), der Stuttgarter Oberbürgermeister Wolfgang Schuster (CDU) und der ehemalige Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, Carl-Ludwig Wagner (CDU). Aus der Wirtschaft sind der Exvorstand der Berliner Bank Klaus von der Heyde, Telekom-Vorstand Gerd Tenzer, Ex-Hertie-Vorstand Lothar Schirmacher und Ex-VW-Vorstand Ulrich Seiffert aufgeführt. Berlins SPD-Chef Peter Strieder und Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) haben nach Angaben der Initiative ihre Anteile zurückgegeben.
Die Aktion stieß auf ein geteiltes Echo. Während PDS und Grüne die Initiative grundsätzlich begrüßten, lehnte sie der SPD-Fraktionsgeschäftsführer Christian Gaebler als „unzulässige Pauschalisierung“ ab. Der CDU-Rechtsexperte Michael Braun sprach gar von „Pogromstimmung“. Die Initiative plant, während der Hauptversammlung der Bankgesellschaft am Freitag im ICC ab 15 Uhr öffentlich zu protestieren. Zudem soll im Laufe des Sommers direkt vor den Villen der Verantwortlichen in Dahlem demonstriert werden.
Die vollständige Liste erscheint unter www.berliner-bankenskandal.de
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