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Der politisch Streik bekommt in Zeiten der sich immer weiter verschärfenden Missstände gerade im sozioökonomischen Bereich eine immer größere Bedeutung.
Die in der alten BRD viel beschworene Sozialpartnerschaft ist quasi aufgekündigt, viel Problem lassen sich zudem nicht auf einer Tarfipolitischenebene alleine klären. Gute Beispiele sind der Mindestlohn oder die Rente mit 67.
Die Abhänigbeschäftigten werden in Zeitarbeitsfirmen ausgegliedert, der sichere Arbeitsvertrag wird zum Wunschtraum. Der politische Streik ist nicht nur legitim sondern wie die aktuelle Lage zeigt auch dringend notwendig.
Die von Klaus Ernst angeführte Waffengleichheit gilt es herzustellen!
Ansonsten laufen wir Gefahr, dass sich die Schwarz-Gelbe Bundesregierung noch ganz andere Steurzugeständnisse via Parteispenden abkaufen läßt als nur die in der Hotelbranche. Gerade diese Branche treibt die Ausbeutung der ArbeitnehmerInnen auf die Spitze, 400€ Kräfte, Betriebe in den ausschließlich Auszubildende arbeiten oft deutlich über jeder gesetzlichen Grenze, Sessionarbeitsverträge und Löhne die oft noch weit unter den üblichen Tarifen liegen.
Ich halte diese Debatte für reichlich realitätsfern. In vielen Branchen und Regionen sind Organisationsgrad und Streikbereitschaft so gering, dass noch nicht einmal für die eigenen Löhne gestreikt werden kann. Egal ob "zulässig" oder illegal - politische Streiks wird es in Deutschland in absehbarer Zukunft wohl kaum geben.
Durch welche/s Gesetz/e wird denn der "politische Streik" verboten?
In einer freien Gesellschaft und Wirtschaftsordnung sollte selbstverständlich jeder Arbeitnehmer und jede Arbeitnehmerin das Recht haben, die Arbeit niederzulegen - sprich: zu streiken -, egal aus welchem Grund. Natürlich sollte auch der Arbeitgeber in einer solchen freien Gesellschaft das Recht haben, leute rauszuschmeißen, die streiken. Es sei denn, es wurde vorher vertraglich geregelt, dass er dass im Streikfall nicht machen darf.
Sehr geehrter Herr Ernst,
Sie werden mir sicher zustimmen, dass Rechte nicht einfach so existieren, sondern eine menschliche Erfindung, d.h. Konstrukte/Instrumente/Werkzeuge sind (formelhaft zugespitzt: ohne Menschen keine Rechte). Dann aber (ab hier werden Sie mir vielleicht nicht mehr zustimmen, oder doch?) würde ich sagen: Ein formal aufgeschriebenes Recht kann nur dann ein GERECHTES Recht genannt werden, wenn es auch ALLGEMEIN ANERKANNT wird. Folglich kann Recht NIEMALS ERKÄMPFT, sondern nur durch VERTRAG von den betroffenen Parteien GEMEINSAM und „zum wechselseitigen Vorteil“ (Rawls 1979, S. 105) BESCHLOSSEN werden. Und übrigens heißt DEMOKRATIE nicht etwa Herrschaft der Mehrheit, sondern Herrschaft des VOLKES, d.h. des GANZEN Volkes. Deshalb kann die Mehrheitsregel sinnvoller Weise auch nur dann „demokratisch“ genannt werden, wenn ihre Anwendung auf (einige wenige) Fragen des gesellschaftlichen Zusammenlebens KONSENSFÄHIG ist. So jedenfalls lese ich Kant, Hegel, Buchanan, Rawls, und, ja!, sogar H.-O. Apel und Habermas.
(Und dennoch lese ich täglich mit großem Vergnügen die taz, weil ich zum Ausgleich eine „linke“ Zeitung brauche, und weil alle anderen „linken“ Zeitungen, besonders die ZEIT, mich so sehr langweilen).
Ich höre das wohlwollend. Genauso empfand ich Micha Brumniks Fagen als wohlwollend. Dumm nur, dass die Antwort von Klaus Ernst auf Michael Brumniks Fragen nichts sagend sind, also keineswegs wohlwollend. Böswilleige würden sagen: arrogant propagandistisch. Schade!
Der ehemalige Grünen-Fraktionschef nimmt Volker Wissing in die Verantwortung. Deshalb stimmt er gegen die Aufweichung der Klimaziele.
Gastkommentar politischer Streik: Ein Recht will erkämpft werden
Der politische Streik würde eine Art Waffengleichheit herstellen: Dem Druck der Neoliberalen stünde dann ein wirksamer Gegendruck gegenüber.
Der politische Streik gehört zu Europas politischer Kultur. Neben Deutschland ist er nur noch in Dänemark und England verboten. Alle drei Länder verstoßen somit gegen die Europäische Sozialrechts-Charta. Was aber in Frankreich, Belgien oder Spanien akzeptiert ist, muss auch in Deutschland möglich sein. Niemand dort käme auf die Idee, dass mit dem politischen Streik die freie Ausübung des Mandats eingeschränkt würde, wie Micha Brumlik dies kürzlich in der taz (vom 2. 2.) befürchtete.
Schon vor über 150 Jahren merkte der liberale Philosoph und Ökonom John Stuart Mill kritisch an, ist "das Volk, welches die Macht ausübt, nicht immer dasselbe Volk wie das, über welches sie ausgeübt wird". Wenn die Rente mit 67, der Krieg in Afghanistan oder die Hartz-Gesetze in Parlamenten gegen eine breite Bevölkerungsmehrheit durchgesetzt werden, dann könnte der politische Streik im besten Fall als Korrektiv wirken.
Der politische Streik würde eine Art Waffengleichheit herstellen: Dem Druck der Lobbyisten, neoliberaler Kampagnenmacher und Großspender auf Regierungsparteien stünde dann ein wirksamer Gegendruck gegenüber. Wie wichtig das auch für linke Regierungen ist, zeigt dieser Tage ein Blick nach Griechenland.
Fakt aber ist auch: Das Recht auf politischen Streik wird nicht beschlossen, sondern erkämpft. Erst wenn das Beispiel der Arbeiter der Münchner "Süddeutschen Druckerei" Schule macht, die wie Zehntausende ihrer Kollegen 2007 während der Arbeitszeit gegen die Rente ab 67 protestierten, wird der politische Streik auch in Deutschland Normalität. Wenn aber Menschen für ihre Interessen eintreten, dann ist es nicht an wohlbestallten Professoren und Politikern, ihnen dieses Recht abzusprechen.
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Kommentar von
Klaus Ernst