Gastkommentar Insolvenz von KNV: Die Bibliodiversität ist bedroht
Nach der Insolvenz des Buchzwischenhändlers KNV: Der Regierung sollte die Rettung des Buchhandels am Herzen liegen, sagt Autor Jörg Sundermeier.
D ie Buchbranche reagierte am Freitag geschockt: Die Insolvenz von Koch, Neff und Volckmar (KNV) überschattete sogar die Nominierungen für den Preis der Leipziger Buchmesse. Die Stuttgarter KNV-Gruppe liefert exklusiv Bücher von Verlagen wie dtv, Klett-Cotta, Piper oder Suhrkamp an den Buchhandel aus, zudem fungiert der Logistiker von Erfurt aus als Bindeglied zwischen allen deutschen Verlagen und nahezu der Hälfte der deutschen Buchhandlungen – und garantiert die Über-Nacht-Lieferung an den Handel.
Das alles ist gefährdet. Dabei ist die Insolvenz, wie die Branchenblätter berichten, kaum die Folge einer Buchhandelskrise: Das Unternehmen hat sich schlicht übernommen. Dies könnte wiederum eine heftige Krise auslösen. Nicht nur verlieren einige Verlage vielleicht mehrere lebenswichtige zehntausend Euro, auch wird KNV von vielen Firmen nun nicht mehr beliefert. Das Unternehmen soll bereits Lieferengpässe haben und angebundene Buchhandlungen schlechter bedienen können, was wiederum diesen Buchläden Probleme bereitet. Und die Konkurrenten von KNV, Libri und Umbreit, können den Ausfall nicht ausgleichen.
Die kulturpolitische Sprecherin der Linkspartei, Simone Barrientos, forderte bereits „eine konzertierte Aktion“ von Kulturministerien, Kulturstaatsministerin Monika Grütters (die dem Buchhandel sehr zugeneigt ist) und der Branche: „Gefunden werden muss eine Lösung, die die Marktstrukturen im Interesse der Vielfalt und der Freiheit des Wortes erhält.“
Das stimmt, denn, hausgemacht oder nicht, durch die Insolvenz der KNV-Gruppe ist die Bibliodiversität bedroht. Zudem zeigt sich, wie angespannt die Lage des Buchhandels ist. Der Insolvenzverwalter, Tobias Wahl, muss also nicht nur über 1.500 KNV-Arbeitsplätze erhalten – der ganze Buchhandel baut auf ihn. Wahl scheint nach ersten Aussagen immerhin davon überzeugt, dass er Investoren finden wird.
geboren 1970, ist Autor und Mitgründer des Verbrecher Verlags, den er gemeinsam mit Kristine Listau leitet.
Und wenn nicht: Die Regierung muss ja nicht immer nur die Deutsche Bank retten. Der Buchhandel sollte ihr auch am Herzen liegen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Repression gegen die linke Szene
Angst als politisches Kalkül