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Gasstreit führt zu LieferausfällenWeniger Gas für Deutschland

Der Gasstreit zwischen der Ukraine und Russland hat Folgen: Seit der Nacht zu Dienstag erhalten diverse Länder in Ost- und Mitteleuropa kein Gas mehr. Jetzt winken auch in Deutschland erste Lieferstopps.

Nichts geht mehr: Pipeline im ukrainischen Boyarka. Bild: reuters

MOSKAU taz Sechs Tage nach Beginn des Gasstreits zwischen Russland und der Ukraine ist die Situation am Dienstag vollends eskaliert. Nachdem Russlands Ministerpräsident Wladimir Putin dem halbstaatlichen Gasmonopolisten Gazprom am Vorabend die Drosselung der Lieferungen um 65,3 Millionen Kubikmeter erlaubt hatte, vermeldeten am Dienstag eine ganze Reihe europäischer Staaten einen Rückgang der russischen Gaslieferungen.

Die EU, die 80 Prozent ihres Gasimports aus Russland über den ukrainischen Transit bezieht, verurteilte die drastische Drosselung als "inakzeptabel". Nach den Worten von Tschechiens Regierungschef und EU-Ratspräsident Mirek Topolánek werde mit der EU-Kommission bereits über die Einberufung eines Krisengipfels nachgedacht. Die EU forderte eine sofortige Wiederaufnahme der Gaslieferungen. Immerhin werden die mit Jahresende abgebrochenen Verhandlungen zwischen Gazprom und der staatlichen ukrainischen Gasgesellschaft Naftogaz Ukrainy am Donnerstag wieder aufgenommen.

Russland begründet die Drosselung der Lieferung im Ausmaß von 65,3 Millionen Kubikmetern damit, dass die Ukraine genau diese Menge, die etwa einem Fünftel des täglich durch die Ukraine nach Europa exportierten Gases entspreche, seit Neujahr aus den Transitleitungen illegal abgezapft habe. Zum 1. Januar nämlich hatte Russland die Lieferungen für den ukrainischen Markt selbst eingestellt, nachdem die Ukraine ihre Gasschulden aus dem Vorjahr nicht zur Gänze beglichen hatte und damit der neue Liefervertrag für 2009 nicht zustande gekommen war. Bereits am Wochenende berichteten einzelne osteuropäische Staaten von einem Rückgang der Lieferungen. Eine Lösung zwischen den beiden Konfliktparteien zeichnete sich auch am Dienstag nicht ab.

Stattdessen ist man bemüht, einander die Verantwortung für die Misere anzulasten. Die russischen Erdgaslieferungen nach Europa über die Ukraine sanken auf ein Siebtel des üblichen Volumens, hieß es bei Gazprom.

Walentin Semljanski, Sprecher des ukrainischen Gasunternehmens Naftogaz Ukrainy, konterte und erklärte, Russland selbst habe seine Erdgaslieferungen nach Europa um ganze zwei Drittel auf 92 Millionen Kubikmeter gekürzt, während am Montag noch 221 Millionen Kubikmeter und an den Vortagen 300 Millionen Kubikmeter geliefert worden waren.

Die gegenwärtige Eskalation ist der Gipfel eines mehrjährigen Tauziehens um die Neuregelung der Gasverträge auf postsowjetischem Raum. Bis 2005 hatte Gazprom die GUS-Staaten mit billigem Gas versorgt. Die Erhöhung der Gaspreise für die Ukraine Anfang 2006 wurde in der Ukraine selbst und im Westen als politisch motivierte Rache für die orange Revolution gedeutet. Weil sich die Ukraine der neuen Preisformel anfänglich widersetzt hatte, hat Gazprom im Januar 2006 erstmals den Gashahn abgedreht und damit sein Image als jahrzehntelang zuverlässiger Gaslieferant ramponiert. Die EU begann folglich die Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen zu hinterfragen und ist seither auf der Suche nach alternativen Quellen.

Gazprom seinerseits, das sich des Imageschadens bewusst geworden ist und daher Ende des Vorjahres bereits seine Vertreter zur Aufklärung über die Umstände nach Europa sandte, drängt mehr denn je auf den Bau alternativer Exportpipelines in Umgehung der bisherigen Transitstaaten Ukraine und Weißrussland.

Während westeuropäische Abnehmer um die 450 Dollar je 1.000 Kubikmeter für russisches Gas zahlen, hat die Ukraine zuletzt 179,5 Dollar gezahlt. Für 2009 droht Gazprom mit der Anhebung auf europäisches Niveau, bot aber als Vorzugspreis 250 Dollar. Wie aus der ukrainischen Präsidentschaftskanzlei verlautete, sei dieser Preis nur akzeptabel, wenn auch die bis 2010 ausgehandelten Transitgebühren von derzeit 1,6 Dollar je 1.000 Kubikmeter und 100 Kilometer durch die Ukraine angehoben würden. Ein Kiewer Wirtschaftsgericht hat am Montag verfügt, dass Naftogaz Ukrainy den Transit nicht mehr zu diesem Preis durchführen darf. Gazprom seinerseits will gegen Naftogaz Ukrainy vor dem internationalen Schiedsgericht in Stockholm klagen.

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4 Kommentare

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  • D
    D.Suchin

    Es fehlt bloß eine klitzekleine Kleinigkeit: wer hat denn Rußland auf die Idee gebracht, Urkaine solle Westpreise zahlen? Schließlich haben die Russen immer von Sonderbeziehungen zum Brudervolk gesprochen (ob mans glaubt, ist eine andere Sache - geliefert haben sie trotzdem).

    Dann stellt sich nämlich heraus, daß es ausgerechnet die EU war, die seitens der WTO-Beitrittsverhandlungen Rußlands es zu einer Grundsatzfrage gemacht habe, man solle auf "verdeckte Subventionierung" ukrainischer Stahlwerke verzichten - sie fahren mit dem russischen Öl und Gas.

     

    Applaus EU! Durch Subventionenbekämpfung zur Preisspirale und Glück und Seligkeit!

  • M
    Marco

    @ Gerhard: wenn wir jetzt schon Schröders Ostseepipeline hätten, würden wir uns nicht um die Ukraine kümmern müssen.

     

    Bei der nächsten Strompreis-Erhöhung zahl ich auch einfach nicht mehr, und wenn mein Anschluss abgestellt wird häng ich nen Zettel ins Treppenhaus:

     

    "Sehr geehrte Nachbarn, da mein günstiger Stromanbieter nicht mehr ganz so günstig ist, ich nicht mehr zahlen will und deshalb keinen Strom mehr bekomme, habe ich mich an Ihre Anschlüsse geklemmt, um weiterhin Strom zu beziehen.

    Ich hoffe Sie sehen alle ein, dass dies nicht meine Schuld ist, sondern die der Strommonopolisten, die meinen Sondertarif auf fast die Hälfte des Normalpreises angehoben haben. Sollte es bei Ihnen zu Engpässen auf Grund meines Diebstahles kommen, so wenden Sie sich doch bitte an die Stadtwerke und fordern diese auf, gefälligst eine Lösung für diese Unannehmlichkeit zu finden. Vielen Dank!"

  • C
    Chaos

    Der Einfallsreichtum der Gaskonzerne hat doch wirklich keine Grenzen, wenn es darum geht eine Begründung für Preissteigerungen zu (er)finden.

  • G
    Gerhard

    Danke, Gerhard Schröder, dass Du während Deiner Regierungszeit die Erdgaspipeline aus Algerien abgelehnt hast, sodass wir jetzt bald nur noch von Putins Gas abhängig sind. Aber zum Glück folgt ja der Klimawandel und dann brauchen die Europäer eh keine Energie mehr!