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Galerieempfehlungen für BerlinDas lustvolle Ende der Urheberschaft

Brigitte Werneburg empfiehlt die Gruppenausstellung „Over-Painting“ in der Neuköllner Keith Bar, die auch einen anständigen Whisky serviert.

„Nightcall“, Öl auf Leinwand, 50 x 60 cm (Ausschnitt). Übermalendes Duo: Fritz Bornstück und Marlon Wobst Foto: Keith Bar

Das Keith in Neukölln – benannt nach einem Ort in Schottland mit knapp 5.000 Einwohnern und drei Whiskybrennereien – ist logischerweise eine Whisky-Bar. Doch daneben schenkt Ken Wiatrek, der Betreiber der Bar, auch deutsches Craftbier aus, mixt hervorragende Cocktails und organisiert im Showroom hinter der Bar Lesungen, Konzerte und Ausstellungen.

Aktuell „The Joy of Over-Painting“ also die Freude am Übermalen, die Rezipienten seitig auch Joy Over the Painting, Freude am Gemälde heißen könnte, denn die 47 Leinwände sind allesamt verdammt unterhaltsam. Voll wunderbar kindsköpfiger, surrealer Gespenster, wild entgrenzter Individualstile, gewürzt mit einer Prise sarkastischer Fantasie.

Zeit + Ort

Keith Bar,tgl. 18–3 Uhr, bis 14. 9.,Schillerpromenade 2

Gleichzeitig durchzieht sie ein ersichtlich ernsthafter, freilich mit freundschaftlichem Witz geführter Dialog zwischen den Über/Malenden als da sind: Fritz Bornstück (Mikael Andersen, Kopenhagen), Marlon Wobst und Fee Kleiss (beide Schwarz Contemporary), die dänische Künstlerin Agnete Bertram, Christina Gay (Michaela Helfrich), Philip Grözinger (Sexauer), Illustrator und Kinderbuchautor Sebastian Meschenmoser und Moritz Schleime (Laden für Nichts, Leipzig). Wenn diese spielerisch getauschten Leinwände überzeugen, liegt’s nicht am exzellenten Whisky.

Die taz sprach mit Philip Grözinger, der gerne Kölsch trinkt.

Einblick (636): Philp Grözinger, Maler

taz: Welche Ausstellung in Berlin hat dich zuletzt an- oder auch aufgeregt? Und warum?

PG: Mich hat die aktuelle Schau von Heiner Franzen und John Bock „Sandwich“ im Projektraum after the butcher begeistert. In diesem Ladenraum einer früheren Schlachterei haben die beiden zwei komplexe Positionen dicht zusammengerückt.

Franzen hat ein Geflecht aus Wandzeichnungen, zappelnden Videoloops und Objekten installiert, in der er Schwarzeneggers Grinseversuche und halbe Shining-Zwillinge aufeinander los­jagt. Bock zeigt ein Feld aus variablen Materialien, in das er sich am Eröffnungsabend setzte und Bobby-Fischer-Köpfe knetete und verschenkte.

Bild: Oliver Mark Studio
Im Interview: Philip Grözinger

Philip Grözinger (*1972 in Braunschweig) lebt und arbeitet in Berlin. 1990–1998 Hochschule für Bildende Künste, Braunschweig. 1998 Meisterschüler bei Prof. Karl Schulz. Zahlreiche Einzelausstellungen, u. a. „heroes and other failures“, Kunstverein Wolfenbüttel (2016); „Sunny Side up“, Galerie Christian Ehrentraut, Berlin. Arbeiten von Grözinger sind zurzeit in der Keith Bar (bis 14. 9., tgl. 18–3 Uhr, Schillerpromenade 2) und in der Galerie Albrecht (27. 8.-bis 3. 9., Di.–Fr. 11-18, Sa. 11–16, Charlottenstr. 78) zu sehen.

Welches Konzert oder welchen Klub in Berlin kannst du empfehlen?

Ich gehe gerne in die Bar 3 auf ein Kölsch. Mittwochs ins Larrys zu den von Hannes Grubber kuratierten Shows und zur Artist Night in die wieder eröffnete King Size Bar.

Welche Zeitschrift/welches Magazin und welches Buch begleitet dich zurzeit durch den Alltag?

Ich lasse mich gerade von zwei Büchern begleiten. Einmal von Bendedict Wells „Vom Ende der Einsamkeit“ und von Georg Dietz’ „Martin Luther, mein Vater und ich“. Beide auf ihre Art höchst spannend und berührend.

Was ist dein nächstes Projekt?

Im Moment bereite ich meine Ausstellung „From here to now and back again“ vor. In ihr geht es um Echos von Gesellschaftsutopien aus den 1960–80er Jahren und der Angst vor der Übernahme der Welt durch künstliche Intelligenz.

Besonders gern mochte ich bei meiner Recherche daher den Film „Westworld“, das hat sich dann auch ein wenig in meinen Bildern niedergeschlagen. Eröffnet wird sie am 9. September von 18–21 Uhr in der Galerie Sexauer.

Welcher Gegenstand/welches Ereignis des Alltags macht dir am meisten Freude?

Am morgen in das Café „Lass uns Freunde bleiben“ radeln und während ich dort Zeitung lese einen guten Espresso trinken.

Text und Interview erscheinen im taz.plan. Mehr Kultur für Berlin und Brandenburg immer Donnerstags in der Print ausgabe der taz

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