Gärtner über Streit um Weihnachtsstern: „Damit die Leute mit Liebe kaufen“
Eine Baumarktkette hat ihr Angebot um die Pflanze „Liebesstern“ erweitert. Kritiker sind verärgert und fordern die Bezeichnung „Weihnachtsstern“.

taz: Herr Augustin, nachdem eine Baumarktkette die Pflanze „Liebesstern“ in ihr Sortiment aufgenommen hat, fordern Kritiker auf Facebook die Umbenennung in „Weihnachtsstern“. Welche Bezeichnung ist nun richtig?
Jürgen Augustin: Für uns Botaniker ist immer der botanische Name ausschlaggebend, also in diesem Fall Euphorbia pulcherrima. Weihnachtsstern ist die alte Bezeichnung und Liebesstern die neue, um etwas Reklame zu machen. Damit die Leute die Pflanze auch mit Liebe kaufen sozusagen.
Das heißt, der Liebesstern unterscheidet sich optisch gar nicht vom Weihnachtsstern?
Nein, das ist genau das Gleiche. Es ist nur ein anderer Begriff für dieselbe Sache. In ihrer Ursprungsregion Mexiko und Brasilien wird die Pflanze jedoch bis zu 4,50 Meter hoch und blüht viel länger als hierzulande.
Warum ist sie in Deutschland so klein?
In Deutschland wird die Euphorbia pulcherrima künstlich gestaucht. Die Pflanze wird mit Sprühmitteln behandelt, damit sie in Wohnungen handlich bleibt. Die typischen roten Blätter sind übrigens umgebildete Laubblätter, um Insekten zur Befruchtung anzulocken. Die Blüten sind die gelben Punkte in der Mitte.
Der 51-Jährige leitet als Freilandmeister die Gartenarbeiten im Botanischen Garten der Universität Potsdam.
Ganz allgemein gefragt: Wie kommen eigentlich die deutschen Pflanzennamen zustande?
Die Pflanzen bekommen historisch je nach Region unterschiedliche Bezeichnungen. Löwenzahn hat zum Beispiel über 100 Namen. Die einen nennen ihn Kuhtritt, die anderen Pusteblume. So kann sehr viel Wirrwarr entstehen. Karl Foerster, ein mittlerweile verstorbener Gärtner aus dem Raum Potsdam, hat Pflanzen immer nach dem Aussehen bezeichnet. Mit Ysander zum Beispiel konnte niemand etwas anfangen, deshalb nannte er ihn aufgrund der breiten und niedrigen Form Dickmännchen. Am besten verwendet man aber die botanischen Namen, dann wissen alle, wovon die Rede ist.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Krieg in der Ukraine
Keine Angst vor Trump und Putin