Gaddafi droht Demonstranten per TV: "Fangt diese Ratten"

Libyens Machthaber Gaddafi hat angekündigt, mit brutaler Gewalt die Demonstrationen in seinem Land zu beenden. Dafür will er kämpfen bis "zum letzten Tropfen Blut".

Er sei bereit, so Gaddafi, als Märtyrer zu sterben. Bild: reuters

TRIPOLIS afp | Muammar el Gaddafi klammert sich weiterhin mit allen Mitteln an die Macht und hat den Demonstranten in Libyen unverhohlen mit brutaler Gewalt gedroht. In einer Rede im Staatsfernsehen kündigte er am Dienstag an, Libyen "Haus für Haus zu säubern", und bezeichnete die Regierungsgegner als "Ratten". In groß angelegten Rettungsaktionen begannen zahlreiche Staaten, ihre Bürger aus Libyen zu holen.

"Legt Eure Waffen sofort nieder, sonst gibt es ein Gemetzel", rief der 68-Jährige. Den "Rebellen" drohte er mit einer blutigen Niederschlagung der Proteste "ähnlich wie auf dem Tiananmen-Platz" in Peking im Jahr 1989. Er werde als "Revolutionsführer" im Land bleiben und sei bereit, als "Märtyrer" zu sterben. "Ich werde bis zum letzten Tropfen meines Blutes kämpfen", sagte der libysche Machthaber.

Erstmals seit Beginn der Proteste vor einer Woche wandte sich Gaddafi live an das Volk; in der Nacht zuvor hatte das Fernsehen lediglich ein wenige Sekunden langes Statement von ihm ausgestrahlt. In der Ansprache unterstrich er seine impulsiven Aussagen mit heftigen Gesten, mal ballte er die Faust, mal hob er drohend einen Finger. "Muammar Gaddafi ist für immer Revolutionsführer", sagte er. "Das ist mein Land, das Land meiner Eltern und Vorfahren."

Gaddafi äußerte sich vor seiner Residenz, die 1986 vom US-Militär bombardiert worden war. Zu den Forderungen nach seinem Rücktritt erklärte er, er habe gar keinen offiziellen Posten, von dem er zurücktreten könne. Gaddafi hatte sich im September 1969 unblutig in Libyen an die Macht geputscht und wenige Jahre später den "Staat der Massen" ausgerufen. Da sich dieser in der Theorie selbst regiert und keinen Staatschef braucht, ließ sich Gaddafi offiziell auch nie so nennen.

"Das libysche Volk steht hinter mir", sagte Gaddafi und forderte seine Anhänger auf, am Mittwoch für ihn zu demonstrieren. "Fangt diese Ratten", sagte er mit Blick auf die Demonstranten. "Kein Irrer wird unser Land in Stücke reißen können." Die Armee und die Polizei des Landes forderte er auf, den Aufstand niederzuschlagen. Gleichzeitig betonte er, bei den während der Proteste Getöteten handle es sich um Vertreter der Sicherheitskräfte, "nicht um Jugendliche".

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Fernsehansprache von Libyens Machthaber Muammar el Gaddafi als "sehr erschreckend" bezeichnet. Dies sei vor allem deshalb der Fall, "weil er quasi seinem eigenen Volk den Krieg erklärt hat", sagte Merkel am Dienstagabend nach einem Treffen mit dem griechischen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou in Berlin. Die Nachrichten aus Libyen seien "in höchstem Maße beunruhigend". Merkel forderte die libysche Regierung auf, "sofort aufzuhören, Gewalt anzuwenden gegen die eigenen Menschen".

Ungeachtet der Versuche, die Proteste blutig niederzuschlagen, weiteten diese sich weiter aus. Mehrere Städte vor allem im Osten des Landes sollen inzwischen unter Kontrolle der Regierungsgegner stehen. In der zweitgrößten Stadt Bengasi sollen ganze Militäreinheiten desertiert sein, wie die in Paris ansässige Internationale Menschenrechtsföderation (FIDH) erklärte. Ihren Angaben zufolge wurden seit Beginn der Proteste vor einer Woche bis zu 400 Menschen getötet.

Aus Protest gegen die Gewalt kündigten nach zahlreichen Botschaftern auch mehrere Mitarbeiter der libyschen UN-Vertretung in New York Gaddafi die Gefolgschaft auf. In einer Erklärung forderten sie von der libyschen Armee, den Revolutionsführer zu entmachten. Sie warfen ihm "Völkermord" an seinem eigenen Volk vor. Der UN-Sicherheitsrat debattierte in einer Dringlichkeitssitzung zu Libyen.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) drohte Libyen mit Sanktionen. Um die Ausreise von Deutschen zu ermöglichen, landeten zwei Bundeswehrmaschinen und eine vom Krisenstab erbetene Sondermaschine der Lufthansa in Tripolis. Auch andere EU-Länder, darunter Frankreich und Italien, schickten am Dienstag Flugzeuge nach Libyen.

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