Fußballländerspiel in Libyen: Kleiner Hoffnungskick
Im vom Bürgerkrieg gezeichneten Libyen findet erstmals nach sieben Jahren ein Länderspiel statt. Der Fußball übt eine einende Kraft im Maghreb aus.
Am Donnerstagabend um 19 Uhr findet in Libyens zweitgrößter Stadt Bengasi ein historisches Fußballspiel statt. Die Nationalmannschaft des Bürgerkriegslandes empfängt die Auswahl des benachbarten Tunesiens im Rahmen der Qualifikation des nächsten Afrika-Cups, der 2022 in Kamerun stattfindet.
Erstmals nach sieben Jahren bestreitet Libyens Nationalteam wieder ein Länderspiel auf heimischem Boden. Zuvor hatte der afrikanische Kontinentalverband CAF die Sicherheitswarnung für die Hauptstadt Tripolis und das unweit der ägyptischen Grenze gelegene Bengasi aufgehoben.
Bis Ende letzten Jahres hatte die Armee des in Ostlibyen herrschenden Feldmarschalls Haftar versucht, Tripolis einzunehmen. Erst als die Türkei der Einheitsregierung in Tripolis mit Waffen und syrische Söldner zu Hilfe kamen, zog sich der von russischen und ägyptischen Militärberatern unterstützte Haftar zurück. Seit Januar ist der Krieg vorbei, die neue Einheitsregierung von Premier Abdulhamid Dabeiba versucht, die ost- und westlibyschen Kriegsparteien zu versöhnen. In dem Fußballspiel sehen viele Libyer einen Hoffnungsschimmer, dass der Krieg und die Spaltung des Landes Vergangenheit sind.
Das libysche Nationalteam hatte zuletzt ihre Heimspiele in tunesischen und ägytischen Stadien bestritten. Zum entscheidenden Qualifikationsspiel gegen Südafrika kamen im März 2019 über 12.000 libysche Fans in die tunesische Hafenstadt Sfax, berichtet der tunesische Fußballexperte Suhail Khmira. „Auch für die meisten Tunesier ist Libyen ein völlig unbekanntes Land, aus dem man nach Gaddafi nur von Gewalt und Krieg hört. Die oft über 1.000 Kilometer mit dem Auto über Frontlinien angereisten, friedlich feiernden libyschen Fußballfans haben damals viele Vorurteile abgebaut.“
Großer Beitrag zur Versöhnung
Am Mittwoch reisen nun die bereits für die Endrunde qualifizierten Tunesier an. Aufgrund der akut gestiegenen Zahl der Corona-Infektionen findet das Spiel ohne Zuschauer statt. Letzte Woche wurde ein Lockdown verhängt. Mit der Ankunft der südafrikanischen Variante des Coronavirus sind mehr junge Leute als zuvor erkrankt. Dennoch wollen sich viele Fans in Cafés oder privat treffen, um die Übertragung des Spiel zu sehen. Um sich für das Turnier in Kamerun zu qualifizieren, sollte das Team von Trainer Kamal Tarhouni die nächsten drei Qualifikationsspiele gewinnen.
Doch auch bei gescheiterter Qualifikation habe die Mannschaft mehr zu der Versöhnung des Landes beigetragen als die meisten Politiker, erklärt Mohamed Khalil. Der Fußballfan aus Tripolis verfolgt wie viele seiner Freunde jedes Detail der Spielvorbereitung. Dass der Übertragungswagen des libyschen Sportfernsehens Al Rasmia aus Tripolis ohne Probleme die ehemalige Frontlinie bei Sirte passierte und Bengasi erreichte, beglückte den 33-Jährigen. Die 800 Kilometer lange Küstenstraße wurde erst letzte Woche von Minen befreit.
Viele Spieler beider Teams kennen sich aus der tunesischen Liga. Seitdem die CAF dem tunesischen Verband erlaubt, algerische, libysche und ägyptische Spieler als Einheimische zu werten, stehen bei Ligateams wie Etoile, Esperance oder Africaine bis zu sieben Spieler aus den Nachbarländern auf dem Platz.
Eigentlich dürfen ansonsten nicht mehr als drei Ausländer spielen. Sportjournalist Suhail Khamira sagt: „In Zeiten von Polarisierung und sozialen Problemen eint der Fußball den Maghreb stärker als jedes andere Projekt.“
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