Fußballgipfel Dortmund gegen Schalke: Revierderby wird weiblich
Am Sonntag steigt das erste Duell der Fußballerinnen von Borussia Dortmund und dem FC Schalke 04 – in der vierten Liga. Aufsteigen kann nur ein Team.
Zeit hat Svenja Schlenker eigentlich nie. „Ich bin quasi 24 Stunden am Tag nonstop mit dem Thema Frauenfußball beschäftigt“, sagt die 41-Jährige. „Es ist ein wunderbarer Job.“ Sie ist Leiterin der Frauenfußballabteilung von Borussia Dortmund. Seit 2021 – da begann das „Projekt Frauenfußball“ bei den Schwarz-Gelben.
„Wir sind ein leistungsorientierter Verein – da ist es ganz klar, dass wir auch mit dem Frauenteam so schnell wie möglich nach ganz oben wollen“, erklärt Schlenker. Die Bundesliga ist das Ziel für das derzeit in der Westfalenliga angekommene Team. Von der Kreisliga angefangen ist bislang in jeder Saison der Aufstieg in die nächsthöhere Spielklasse gelungen. Dieses Mal ist die Aufgabe aber etwas schwieriger, was vor allem mit dem FC Schalke 04 zu tun hat.
Auch die Königsblauen haben 2021 mit dem Frauenfußball begonnen und kletterten Jahr für Jahr eine Liga höher. Nun gehören sie – viertklassig – erstmals derselben Staffel an. Und nur einer wird aufsteigen können. Jetzt steht das Derby an – das erste Duell Schalke gegen BVB im Frauenfußball überhaupt. „Das wollen wir natürlich unbedingt gewinnen“, sagt Schlenker. „Die Rivalität ist vielleicht noch nicht ganz so da wie bei den Männern – aber auch für unsere Mädels ist das schon eine echte Prestige-Begegnung“.
Sie sind spät dran auf Schalke und in Dortmund. Während Teams wie der FC Bayern oder der VfL Wolfsburg schon seit vielen Jahren den deutschen Frauenfußball dominieren, war im Ruhrgebiet in den letzten Jahren ein weißer Fleck auf der Landkarte des Spitzen-Frauenfußballs. Der MSV Duisburg stieg letzte Saison ab, bleibt noch die SGS Essen. Ein reiner Frauenfußballverein, der sich mit viel Mühe und Akribie trotz der vielen Klubs, die von Männerprofiabteilungen quersubventioniert werden, in der Bundesliga hält.
Bescheidene Ansprüche auf Schalke
Nun möchte dort auch Borussia Dortmund mitmischen. „Jetzt packen wir es richtig an“, sagt die BVB-Chefin. „Klar wollen wir so schnell wie möglich in die deutsche Spitze. Das muss als Borussia Dortmund natürlich unser Anspruch sein.“ Deutlich defensiver formulieren es die Schalker. „Es gibt bei uns keinen definierten Zeitplan, wann wir die Bundesliga erreicht haben wollen“, sagt Christina Rühl-Hamers, einst selbst Fußballerin, heute Vorstandsmitglied bei Schalke. „Wir haben bewusst einen Einstieg in der Kreisliga gewählt. Wir wollen, dass der Fußball der Frauen bei uns auf natürliche Art wächst und wollen zeitgleich das Gelsenkirchener Umfeld stärken. Am Ende bringt unser Plan, dass wir Jahr für Jahr viele Talente aus dieser Region gewinnen, nur etwas, wenn der Fußball der Frauen sich hier grundsätzlich wieder und weiter etabliert.“
Vor dem ersten Derby der beiden, das am 27. Oktober im Gelsenkirchener Parkstadion steigen wird, liegt Dortmund nur einen Punkt vor Schalke. Der Unterschied im Aufwand, den die Dortmunder betreiben, ist deutlich größer.
Mittlerweile sieben Festangestellte kümmern sich hauptberuflich um das BVB-Frauenfußballprojekt. Das Topteam, zu dessen Heimspielen im Stadion Rote Erde momentan durchschnittlich 500 Fans pilgern, hat ebenso einen festangestellten Teammanager wie jeweils auch die beiden weiteren Mannschaften, die sozusagen den Unterbau bilden. Hinzu kommen neben Abteilungsleiterin Schlenker noch Cheftrainer Thomas Sulewski mit seinem Co-Trainer sowie ein Athletiktrainer.
Der Aufwand, den Schalke betreibt, ist nicht annähernd so groß. Die Frauenabteilung leistet sich nur eine paar Honorartrainer, ansonsten versucht man, so gut wie möglich die vorhandene Infrastruktur der etablierten Abteilungen zu nutzen. Christina Rühl-Hamers wird bei der Erklärung dessen vorsichtig: „Wir überlegen uns bewusst, wofür wir das Geld ausgeben. Es wird der Punkt kommen, an dem wir schauen müssen, wie viel mehr wir ins Personal investieren müssen, um den nächsten Entwicklungsschritt gehen zu können.“ Es scheint, als sei Frauenfußball im Ruhrgebiet nicht so leicht zu platzieren. So darf man Rühl-Hamers sicherlich verstehen, wenn sie sagt: „Der Mädchenfußball wurde in Gelsenkirchen bisher nur wenig gefördert. Unser Ziel ist es daher erst einmal, Spielerinnen aus den eigenen Reihen in die älteren Teams zu bringen. Dafür ist es wichtig, dass wir an unserem eigenen Fundament für die Zukunft feilen.“
Beim BVB sprechen sie nicht über den jährlichen Etat der Frauenabteilung. Klar ist, dass er um ein Vielfaches höher liegt als bei der Konkurrenz in der Westfalenliga, in der neben Schalke Teams wie Germania Hauenhorst oder SV Oesbern die Gegner sind. „Natürlich ist unser Anspruch, wieder aufzusteigen“, sagt Schlenker, weist aber auf die Schwierigkeiten hin: „Mit unseren gestiegenen sportlichen Ansprüchen müssen wir natürlich auch die Qualität unseres Kaders steigern – wobei es nicht einfach ist, potenzielle Bundesliga-Spielerinnen für eine Mannschaft in unterklassigen Ligen zu begeistern – selbst wenn der Verein Borussia Dortmund heißt.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Gastbeitrag in der „Welt am Sonntag“
Bequem gemacht im Pseudoliberalismus