Fussball: Falkos Niederlage
Dem entlassenen Trainer des Fußball-Drittligisten Holstein Kiel, Falko Götz, wurde zurecht fristlos gekündigt, entschied am Donnerstag das Arbeitsgericht Kiel.
Es geht immer wieder um die Kopfstöße vor dem Arbeitsgericht Kiel, um die Kopfstöße, die der entlassene Trainer des Fußballvereins Holstein Kiel, Falko Götz, dem Spieler Marco Stier verpasst haben soll. Er könne das einmal vormachen, bietet Spieler Alexander Nouri an. Dann schlägt er seinen Handballen drei Mal kräftig auf das dicke Holz des Zeugentischs. Er ist schon der vierte, der auf diesem Platz sitzt. Etwa 60 Zuschauer haben sich in den kleinen Saal des Arbeitsgerichts Kiel gedrängt, viele stehen, die Fenster sind beschlagen.
Nouri erzählt den Vorfall noch einmal. Es sei gebrüllt worden in der Kabine nach dem Spiel am 8. August 2009 gegen Eintracht Braunschweig, das Holstein Kiel verloren hatte. Trainer Falko Götz habe den Spieler Marco Stier einen Egoisten genannt - ein Teamkollege hatte auf dem Platz eine rote Karte kassiert. Dann habe er ihm mit der flachen Hand gegen die Stirn geschlagen, so stark, dass sein Kopf zurück geworfen wurde. "Aus dem Schädel hämmern", wollte Götz seinem Schützling dessen Verhalten, sagen die Spieler im Zeugenstand.
Zwei Mal - 2002 und 2005 - führte der heute 47-Jährige als Trainer Hertha BSC den vierten Tabellenplatz der Fußball-Bundesliga. Als der Erfolg ausblieb, wurde Götz 2007 bei Hertha entlassen.
Zu Holstein Kiel ging er im Jahr 2008 und schaffte den Aufstieg aus der Regionalliga Nord in die Dritte Liga.
Entlassen wurde Götz am 8. August 2009, nachdem eine Gruppe von Spielern sich beim Sponsor über ihn beklagt hatte. Offizieller Kündigungsgrund: Der Trainer soll einen Spieler geschlagen haben.
Fünf Wochen nach dem Kabinenvorfall beschwerte sich Mannschaftskapitän Sven Boy über das angespannte Verhältnis der Mannschaft zum Trainer. Schon einen Tag später, am 16. September wurde Götz "freigestellt", kurz darauf fristlos entlassen. Vor dem Arbeitsgericht wollte Götz gegen seine Kündigung vorgehen, angeblich, um eine Abfindung in Millionenhöhe erstreiten. Er war erst im Januar 2009 zu Holstein Kiel gekommen, sein Vertrag, der ungewöhnlich hoch dotiert gewesen sein soll, lief bis zum 30. Juni 2012, plus Option auf ein weiteres Jahr.
Zunächst wollte Götz in der Verhandlung seinen Ruf retten - nun zahlt er rund 80.000 Euro und kann sich eine "grobe Verletzung seiner arbeitsrechtlichen Verpflichtungen" bescheinigen lassen. Dass er sich für seine Entgleisung schon am nächsten Tag bei der Mannschaft entschuldigt hatte, spielte vor Gericht keine Rolle mehr. "Halbherzig", sei das gewesen, hieß es und die Mannschaft habe das Vertrauen zum Trainer verloren. Marco Stier, das 25-jährige Opfer des Handballen-Angriffs, erinnert sich: "Ich musste daran denken, jeden Morgen, wenn ich zum Training gefahren bin."
Als das Schweigen schließlich gebrochen war, kündigte der Verein Götz im November 2009 gleich ein zweites Mal. Im Zusammenhang mit dem Verfahren habe er einem Zeugwart am Telefon gedroht, erklärt die Anwältin des Vereins, Gabi Krämmer. Der mittlerweile entlassene 47jährige Trainer soll das in einem Schreiben, das er dem Geschäftsführer des Vereins diktierte, bestätigt haben.
Dafür, dass der Verein schon vorher von dem Kabinenvorfall wusste und ihn nur benutzt habe, um den teuren Trainer loszuwerden, gebe es keine Beweise, sagte die Richterin.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Fall Mouhamed Dramé
Psychische Krisen lassen sich nicht mit der Waffe lösen
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe