Fußball und Frieden in Kolumbien: Der Haarige und die Guerilla
Fußballlegende Carlos Valderrama tourt als Friedensaktivist durch Kolumbien und wirbt für Versöhnungmatches mit den Farc-Rebellen. Und die sind begeistert.
SAO PAULO taz | Carlos Valderrama bleibt ein Hingucker: Kolumbiens begnadeter Mittelfeldregisseur und WM-Kapitän der 1990er Jahre werde bei den Senatswahlen 2014 für die U-Partei von Präsident Juan Manuel Santos antreten, verkündete der Parteivorsitzende Sergio Díaz Granados vor einer Woche. Für „El Pibe“ sei die Senatskandidatur gar „das Spiel seines Lebens“, fabulierte Senator Armando Benedetti.
Zuletzt hatte der 52-Jährige, dem seine karibische Heimatstadt Santa Marta ein übermannsgroßes Denkmal gewidmet hat, auf anderen Gebieten von sich reden gemacht: In der Westernpersiflage „Für eine Handvoll Haare“ spielt er einen Provinzbürgermeister, seine blonde Lockenmähne ließ er sich für eine Kampagne gegen den Brustkrebs rosa färben, und vor der WM 2014 fährt er als Trainer der kolumbianischen Indígena-Auswahl nach Brasilien.
Nachdem das Echo auf seine politischen Ambitionen in den sozialen Medien fast einhellig negativ ausgefallen war („Schuster, bleib bei deinen Leisten“ ), ruderte er jedoch blitzschnell zurück: Er könne sich gut vorstellen, als Politiker „den Leuten zu helfen“, Verträge mit den kolumbianischen Staat machten die Kandidatur aber unmöglich, sagte er. Zusammen mit seinem früheren Mannschaftskollegen Mauricio Serna zieht Valderrama derzeit durch Kolumbien und setzt sich für Kriegsopfer ein.
Nun schaltete der „Fußballer aus einer anderen Welt“ (Ex-Leibesübungen-Redakteur Matti Lieske) ganz auf Offensive: In der Tageszeitung El Tiempo forderte er die Farc-Guerilla, deren Sprecher in Havanna mit der Regierung Santos Friedensgespräche führen, zu einem „Spiel für den Frieden“ auf, „dort in Kuba oder hier, aber sie sollen gut trainieren“.
„Fröhliche Fußballspiele“
Die begeisterte Antwort der Rebellen kam ungewöhnlich schnell und blumig: Bei den Farc gebe es viele Fußballfans, heißt es in einem offenen Brief an Valderrama und Serna, „die Guerilleros und Guerilleras nähen gewissenhaft die Wappen ihrer Lieblingsclubs auf ihre Uniformen, und ständig wird den Augenblicken der Ruhe zwischen Märschen und dem Kampf über die Ergebnisse der kolumbianischen Liga, der internationalen Turniere und der Nationalmannschaft diskutiert“, auch „fröhliche Fußballspiele“ seien keine Seltenheit.
Fußball sei ein „Erbe unseres Volkes und „die Lieblingsaktivität in den Pausen der Arbeiter, das Sonntagsspiel in den Dörfern der Indianer und des afrokolumbianischen Volkes, ein Element der Eintracht in sämtlichen Vierteln des Vaterlandes“. Außerdem zeigte sich die Farc in dem Schreiben solidarisch mit den Forderungen der Fußballprofis, die sich gegen die Flexibilisierung ihrer Arbeitsverträge und das „mafiöse Management der Vereine“ wehren.
Nach dem Hinspiel in Havanna sei man auch zu einem Rückspiel in Santa Marta bereit, schrieben die Farc-Sprecher, außerdem sollten auf beiden Seiten friedensbewegte Frauen mit von der Partie sein, „was nicht schwerfallen dürfte, wenn wir uns die jüngsten Erfolge der Frauen-Nationalelf vor Augen halten. Im Friedensmatch wird das saubere Spiel regieren, die Fahnen werden im Wind der Versöhnung flattern.“
Am Montag legten sie noch eins drauf: „Wir bitten Maradona um Hilfe, er soll auf unserer Seite spielen, damit wir den Frieden erreichen, was wir jahrzehntelang nicht geschafft haben“, sagte Farc-Verhandlungsführer Iván Márquez in Havanna, weitere südamerikanische Altstars wolle man einladen. Und Valderrama? „Den werden wir von zwei Guerilleras decken lassen, denn das ist ein ganz gefährlicher Typ.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!