Fukushima I - Block 1 bis 6: Der Zustand der Reaktoren
Was seit dem Erdbeben und dem Tsunami in den sechs Atomkraftwerken von Fukushima Daiichi passiert ist. Eine Zustandsbeschreibung.
BERLIN taz | Die folgende Auflistung der Zustände in den Fukushima-Reaktoren bezieht sich auf Angaben der Betreibergesellschaft Tepco und der staatlichen deutschen Gesellschaft für Reaktorsicherheit GRS. Sie sind mit Vorsicht zu genießen, weil die Messinstrumente in den Reaktoren teilweise ausgefallen sind.
Zudem werden Entwicklungen nur mit tagelanger Zeitverzögerung und selektiv bekannt gegeben. Die Reaktoren 1 bis 3 waren zum Zeitpunkt des Bebens in Betrieb, die Reaktoren 4 bis 6 zur Wartung abgeschaltet. Die Reaktoren 1 bis 4 sind ein einziger Trümmerhaufen, sie waren bis gestern ohne Strom und Wasser.
Fukushima 1: 40 Jahre alt und mit 439 Megawatt Leistung der kleinste Reaktor des Standortes. Mit der dortigen, ersten Wasserstoffexplosion am 12. März im Gebäude wurde die Dramatik des Ereignisses deutlich. Der Reaktordruckbehälter scheint dicht zu sein, allerdings sind die Brennstäbe beschädigt, liegen teilweise frei und drohen zu schmelzen. Das Gebäude ist zur Hälfte zerstört. Er wird mit Meerwasser gekühlt, radioaktiver Dampf wird in die Umgebung abgegeben.
Fukushima 2: Seit 1974 am Netz, ein Siedewasserreaktor wie alle anderen in Fukushima, mit einer Stromerzeugung von 760 Megawatt. Mit einer Explosion am 15. März wurde er schlagartig zum gefährlichsten der Meiler in Betrieb. Die Knallgasexplosion ließ die leichte Außenhülle des Gebäudes fast unbeschädigt, knackte aber wohl den Reaktordruckbehälter und das diesen umgebende Betoncontainment. Es treten ständig strahlende Teilchen aus. Reaktorkern und Brennstäbe schmelzen.
Fukushima 3: 1976 fertiggestellt, 760 Megawatt, Wasserstoffexplosion am 14. März. Er dampft aus den Trümmern. Ob der Reaktordruckbehälter beschädigt ist, ist umstritten. Angesichts des niedrigen Drucks gibt es aber wohl Risse. Kern und Brennstäbe sind beschädigt und liegen teilweise trocken. Neben seinem Gebäude wurde entgegen der Windrichtung landeinwärts mit 400 Millisievert die höchste Dauerstrahlung gemessen.
Fukushima 4: 760 Megawatt, am Netz seit 1978. Beim Tsunami ausgeschaltet und trotzdem ein Fiasko: Alle Brennstäbe waren zum Katastrophenzeitpunkt nicht im Reaktor, sondern daneben im sogenannten Abklingbecken im 4. Stock des Gebäudes - mit den gebrauchten Brennstäben der vergangenen Jahre.
Die Heizleistung der aus dem Reaktor gehobenen Stäbe ist enorm. Als die Wasserversorgung zusammenbrach, stieg dadurch die Temperatur schneller als in den anderen Wasserbecken der Anlage. Das ganze Wasser verdampfte. Zwei Brände brachen aus. Am 15. März folgte eine Explosion, die die Gebäudehülle zerstörte. Die Brennstäbe im Becken werden verzweifelt mit Mitteln wie Hubschraubern und Wasserwerfern benetzt. Ihre Schmelze würde ein radioaktives Inventar freisetzen, das Tschernobyl um ein Vielfaches überträfe.
Fukushima 5 und 6: 760 und 1.067 Megawatt Leistung, bis 1978 und 1979 erbaut. Sie haben ihre Brennstäbe noch in den Reaktoren, sind aber so weit abgekühlt, dass sie die Reaktorbehälter nicht mehr schmelzen können, so die Betreiber. Allerdings steigt auch in ihren Abklingbecken die Wassertemperatur an, dadurch wird das Wasser weggekocht. Wie im Reaktor 4 drohen die Brennelemente ganz oder teilweise zu schmelzen. Weil die Gebäude noch nicht beschädigt sind, droht dann eine Wasserstoffexplosion.
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