: Für viel Geld umsonst werben
Die Unternehmen stecken pro Jahr insgesamt eine viertel Milliarde in das Fußballsponsoring. Ob diese Gelder gut investiert sind, ist jedoch zweifelhaft ■ Aus Hamburg Hermannus Pfeiffer
„Fußball ist der Megatrend“, freuen sich die Werbeexperten des Hamburger Rechtevermarkters UFA, „Sponsoring in den Fußballstadien ist heute ebenso selbstverständlich wie auch die direkte Werbung mit Spitzenfußballern.“ Mehr als eine viertel Milliarde Mark geben Firmen dafür in Deutschland aus. Aber lohnt sich dieser Großeinsatz für die werbenden Unternehmen tatsächlich?
Erste Zweifel an der Richtigkeit der Formel „Fußballwerbung fördert Absatz und Gewinn“ wecken die Namen auf den teuren Trikots der kickenden Helden. Fast durchweg sind die Firmenlogos von Unternehmen aus den hinteren Tabellenregionen oder gar unteren Ligen ihrer Branchen zu lesen. Und die Topstars wie Allianz und Deutsche Bank, Daimler-Benz und Siemens verweigern sich der Bundesliga hartnäckig. Ein solches Sponsoring würde „nicht flächendeckend“ Aufmerksamkeit verschaffen, krittelt Hanns Michael Hölz, verantwortlich bei der Deutschen Bank für Events und Sponsoring. Und nur regional zu wirken, reiche hierzulande nicht. Tatsächlich schwankt der Sympathiewert zum Beispiel des Bundesligameisters aus Kaiserslautern je nach Region zwischen 20 und 56 Prozent. Erfolgreicher, so die Deutsche Bank, sei da Sozialsponsoring, wie etwa die halbe Finanzierung von 1.800 zusätzlichen Lehrstellen im Mittelstand.
In der zweiten Bundesliga finden sich gar Firmenlogos auf den Trikots, die selbst unter Ökonomen noch echte Geheimtips sind: „Gin Tonic“ mag ein schmackhaftes Gesöff sein, aber wer kennt es schon als Modemarke, außer den knapp 2.000 Fans der Stuttgarter Kickers? Andere Vereine mit bestenfalls regionalem Widerhall, wie Hansa Rostock oder Unterhaching, fanden zeitweilig keinen Käufer für ihre Werberechte.
Eine der größeren Firmen unter den Fußballsponsoren ist die BfG Bank. Allerdings ist ihr Markenname laut der UFA-Fußballstudie weit unterdurchschnittlich bekannt. Aber dies soll beim Einstieg in die Sponsorszene keine Rolle gespielt haben. Zum Saisonbeginn hat die BfG den Aufsteiger Freiburg vom vorherigen Sponsor Zehnder, einem Heizungsbauer, übernommen. Fußball sei „en vogue“, sagt Kommunikationschef Heinrich Schaumburg.
Zwölf Prozent des Werbeetats koste das Freiburg-Engagement. Man suche PR-Effekte und wolle „das positive Image transferieren“. Fans und TV-Millionen würden mit dem Sportclub Freiburg „Sympathie, Aufsteiger, gutes Image sowie Sportlichkeit“ verbinden, und das passe zur BfG, schließlich sei sie auch „nicht so groß“ und wolle es auch gar nicht sein. Banker Schaumburg: „Aber wir wollen anders sein“, genau wie der SC Freiburg. Neben Bekanntheitsgrad und Imagetransfer schielen professionelle Sponsoren wie die BfG auf Kundenkontakte und Mitarbeitermotivation: So sorgten für die Corporate identity eine Schenkungsaktion von Sportklub-Trikots mit passendem Käppi für sämtliche 5.000 BfG-Banker.
Werbestrategen gilt ein solches Kompaktpaket als vorbildlich. Ein langer Atem gehöre ebenso dazu wie eine minutiöse Planung und ein konsequentes Controlling. Daran hapert es jedoch. Branchenintern heißt es, mehr als ein Drittel der Sportsponsoren werbe ohne Erfolgskontrolle. Manchmal aus verständlichen Gründen: So basierte der Millionenvertrag zwischen einer mittelgroßen Versicherung und einem Bundesligaklub auf den privaten Visionen eines Vorständlers: Der Topmanager träumte davon, auf der internen Weihnachtsfeier „seiner“ Mannschaft mitzusingen. „Emotionalität spielt oft eine größere Rolle als Rationalität“, bilanziert auch eine Untersuchung der Fachhochschule Regensburg. Und die Deutsche Sporthochschule Köln (DSHK) analysiert, daß von den sportfremden Firmen lediglich Opel und Coca-Cola einen „guten Erinnerungswert“ schafften. Alle anderen gingen im Meer der Werbebotschaften in den Stadien unter. „Damit haben sich im Bewußtsein der Bevölkerung nur zwei durchgesetzt, die entweder sehr engagiert und systematisch oder seit fast hundert Jahren auf diesem Gebiet tätig sind“, erläutert DSHK-Forscher Rolf Scholz.
Von einer solchen Kontinuität ist aber zumindest bei den Bundesligasponsoren wenig zu spüren. Die Dauer ihres Werbeengagements liegt im Schnitt bei etwa zwei Jahren. Gut so, denn nur für zehn bis zwölf „Big Player“ – darunter mehrheitlich Sportfirmen – lohnen sich die teuren Ausgaben, die anderen viertausend Firmen, die in Deutschland den Sport mit etwa drei Milliarden Mark sponsern, bleiben weitgehend unbeachtet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen