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Für den BR zu teuer, für den RBB nichtDas leisten wir uns

Der RBB erneuert das „Mittagsmagazin“: Dafür zieht die Sendung von München nach Berlin um. Es geht auch um Verschiebungen innerhalb der ARD.

Sascha Hingst und Jessy Wellmer: die neuen „Mittagsmagazin“-ModeratorInnen im neuen Studio Foto: dpa

Wer ins neue „Mittagsmagazin“-Studio des Rundfunks Berlin-Brandenburg will, muss zum ZDF fahren – und dort ins vierte Untergeschoss. Der RBB ist jetzt Mieter in der Hauptstadt-Dependance des Zweiten Unter den Linden. Es ist so warm hier unten im Kellerstudio, man spürt, dass der Erdkern nicht allzu weit entfernt sein kann.

Ab 2. Januar 2018 sendet der RBB für das Erste von hier das „Mittagsmagazin“. Auch das ZDF wird dieses Studio dann ab 3. April nutzen. Bisher kommt das Magazin, das wie das „Morgenmagazin“ im wöchentlichen Wechsel von der ARD und dem ZDF produziert wird, aus München (vom Bayerischen Rundfunk) und Mainz (vom ZDF).

Ab 2018 wird in der Hauptstadt auch die große Kooperation von ARD und ZDF starten: „Richtungweisend“ sei die Kooperation, sagt RBB-Intendantin Patricia Schlesinger, „ein bahnbrechendes Modell“ (wodurch der RBB einen „deutlich sechsstelligen Betrag pro Jahr“ weniger ausgeben muss). Dass die RBB-Chefin so große Worte in den Mund nimmt, zeigt allerdings auch, welch kleine Schritte schon große Sprünge sind im öffentlich-rechtlichen System. Denn eigentlich institutionalisieren hier in Berlin-Mitte ARD und ZDF nur, was sie bei Sportgroßveranstaltungen schon längst machen: Sie teilen sich Studio und Technik.

Ein großer Schritt ist der Wechsel des „Mittagsmagazins“ aber vor allem für Schlesingers Sender: den RBB. Zeigt er doch Verschiebungen innerhalb der ARD: 27 Jahre lang war der Bayerische Rundfunk (BR) für das „Mittagsmagazin“ zuständig, sendete verlässlich bieder aus München. Nun geben die Bayern den prominenten Platz im Ersten Deutschen Fernsehen, aber auch die Verantwortung und die Kosten für das Programm ab – an den deutlich kleineren RBB. Kann der sich das leisten?

Es sieht zumindest so aus. Der RBB hat wie kein zweiter Sender von der 2013 erfolgten Umstellung auf die Haushaltsabgabe profitiert. Wurden im RBB-Gebiet 2013 noch knapp 376 Millionen für ARD, ZDF und Deutschlandradio eingesammelt, waren es 2014 schon knapp 432 Millionen. Zwar sind die Einnahmen aus den Beiträgen zuletzt etwas zurückgegangen, der Gesamtertrag des RBB blieb allerdings bei rund 480 Millionen Euro nahezu stabil. Das sind immer noch rund 50 Millionen Euro mehr als 2013. Beim BR sieht das anders aus: Dort muss gespart werden.

2,8 Millionen Euro pro Jahr

Und so wird das „Mittagsmagazin“ ab Januar eben vom RBB gestemmt. 2,8 Millionen Euro sind dafür pro Jahr veranschlagt. Und Schlesinger beruhigt schon mal vorab: „Ja, wir können uns das leisten“, wegen ebenjener Haushaltsabgabe, wegen der Kooperation mit dem ZDF, wegen günstigerer Technik.

Das ist ein bahnbrechendes Modell

RBB-Intendantin Schlesinger

Außerdem sei die Produktion des „Mittagsmagazin“ damit auch günstiger als vorher beim BR, meint Schlesinger. Stimmt das? Beim BR heißt es, dass man durch die Abgabe des „Mittagsmagazin“ mittelfristig „mindestens rund 2 Millionen Euro Einsparpotenzial in den Programm- und Sachkosten“ pro Jahr sehe. Es könne allerdings schon sein, dass die Gesamtkosten pro Jahr über den 2,8 Millio­nen gelegen hätten, man habe sich ja auch das Studio nicht mir dem ZDF teilen können.

Redaktionell wird es übrigens keine Kooperationen geben: Die „fruchtbare Konkurrenz“ (Schlesinger) zwischen ARD und ZDF solle erhalten bleiben.

Ändern soll sich aber trotzdem was: Neben anderer Kulisse und neuem ModeratorInnen-Duo – die beiden RBB-Gesichter Jessy Wellmer und Sascha Hingst – soll es zukünftig auch mehr Liveprogramm geben: Liveschalten, Liveinterviews, weniger Konserve. Außerdem soll der Standort in Berlin-Mitte genutzt werden, um PolitikerInnen ins Studio zu locken.

Hingst erhofft sich von dieser direkten Konfrontation mehr Tiefe in den Gesprächen, als sie übliche Nachrichtensendungen liefern können. Das Ziel sei, in der einen Sendestunde am Mittag abzubilden, „was am Tag geschieht, nicht was am Vortag geschehen ist“, sagt Wellmer.

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