Die NRW-SPD SETZT AUF ALTE SYMBOLE UND ANGESTAUBTE MYTHEN: Für Kohle und irgendwie links
Die SPD im größten Bundesland ist wieder da. Nach einem Jahrzehnt des Niedergangs haben die nordrhein-westfälischen Sozialdemokraten am Wochenende ein Comeback inszeniert. In den letzten Jahren waren SPD-Landesparteitage an Rhein und Ruhr traurige, depressive Veranstaltungen – in Bochum wurde erstmals seit langem wieder gelacht und gejubelt. Die neue Landeschefin Hannelore Kraft gibt den Genossen das Gefühl, irgendwie links und sozial zu sein. Knapp zwei Jahre nach dem Machtverlust in NRW glaubt die Partei an einen Sieg bei der nächsten Landtagswahl 2010.
Dabei hat die NRW-SPD eigentlich wenig Grund zum Optimismus: Trotz aller Aufbruchstimmung regiert in Düsseldorf unangefochten CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers mit seiner schwarz-gelben Koalition. Laut Umfragen ist der CDU-Parteirebell sogar der beliebteste „Sozialdemokrat“ im alten SPD-Stammland. Zudem amtieren in der Mehrzahl der NRW-Kommunen CDU-Bürgermeister. Der Landes-SPD laufen 8.000 Mitglieder pro Jahr davon. Inhaltlich hat sich die Partei seit dem Ende ihrer 39-jährigen Regierungsära nicht weiterentwickelt. Die einst ultrapragmatische SPD ist lediglich ein wenig nach links gerückt. Besonders traditionalistisch tritt sie auf, wenn es um die Zukunft der Steinkohle geht. Beim Kampf für einen „Sockelbergbau“ hat die SPD-Opposition laut Umfragen die Bevölkerungsmehrheit in NRW hinter sich – anders als Regierungschef Rüttgers, der die letzte Zechen spätestens 2018 schließen will.
Die „rote Sockelkampagne“ steht für die Strategie der NRW-SPD: Die Sozialdemokraten setzen auf alte Symbole und angestaubte Inhalte. Auf noch sozialere Gerechtigkeit als die von Jürgen Rüttgers und auf Ruhrpott-Charme. Das ist zwar ein wenig trashig, funktioniert aber an der SPD-Basis. Die Traditionspartei inszeniert sich und ihr Image als gute, alte Es-Peh-Deh – verjüngt durch die neue Spitzenkandidatin Hannelore Kraft. Auf die Herausforderin kommt die schwierigste Aufgabe zu: Sie muss die permanente Kampagne nun mehr als drei Jahre lang durchhalten. Sonst droht ein Rückfall in die Depression. MARTIN TEIGELER
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen