Front National bei den Regionalwahlen: Neues Image für Rassismus
Front-National-Chefin Marine Le Pen hat ihre Partei aus der rechtsextremen Isolation herausgeführt, ohne deren Ideologie zu verändern.
Der Bruch mit dem Vater war dabei vorprogrammiert. Dieser hatte stolz alle historischen Tendenzen am rechten Rand vereint: Nostalgiker der Kollaboration mit dem Dritten Reich und andere Faschisten, Anhänger der Algérie française, ultrakonservative katholische Integristen und Vertreter heidnischer Rassenideologien. Damit ließen sich zwar brave Bürger erschrecken und linke Antifaschisten mobilisieren – Mehrheitsfähigkeit aber war ausgeschlossen.
Le Pen junior startete ihre Imageänderung daher mit der kühnen Behauptung, der FN sei keineswegs „extremistisch“ und stehe „weder links noch rechts“. Auch distanzierte sie sich von dem Antisemitismus ihres Vaters. Der hatte nicht begriffen, dass heute die Muslime den Platz der Juden als Prügelknaben der Nationalisten einnehmen. Im Jahr 2015 wurde er zuerst getadelt und dann rausgeworfen.
An der politischen Ausrichtung des FN änderte das nicht viel. Auf Basis des Fremdenhasses und des Rassismus Jean-Marie Le Pens wird heute gegen Flüchtlinge und Immigranten gehetzt. Auch die prorussische Außenpolitik blieb: Wie ihr Vater bewundert auch Marine Le Pen Wladimir Putin und unterstützt dessen Linie in der Ukraine, in Libyen, Irak und Syrien vorbehaltlos. Zur Wahlkampffinanzierung gab es russische Kredite.
Die „Rächerin der Enterbten“
Marine Le Pen hat Kontakte nach Israel geknüpft, um ihre Partei salonfähig zu machen. Das passt zum antiislamischen Kurs: „Wir haben keine andere Wahl, als diesen Krieg zu gewinnen“, so die FN-Chefin im Wahlkampf. „Wenn wir verlieren, ergreift der islamistische Totalitarismus die Macht in unserem Land, wie er das dank Nicolas Sarkozy bereits in Libyen vollbracht hat und nun auch in Syrien, Ägypten und Tunesien versucht.“
Le Pen junior droht ihren Zuhörern mit einer düsteren Zukunft: „Die Scharia wird unsere Verfassung ersetzen und der radikale Islam unsere Gesetze, die Burka wird für alle Frauen obligatorisch, unsere Denkmäler werden zerstört, die Musik im Rahmen der religiösen Säuberung mit ihrem ganzen Horror verboten.“ Ihre begeisterten Zuhörer mögen keine Nuancen wie den Unterschied zwischen Islamismus und Islam.
Zu salonfähig soll der FN aber auch nicht werden – denn gerade die Tatsache, dass diese politisch völlig inkorrekte Partei von der Macht ausgeschlossen blieb und von den Medien attackiert wird, macht sie so attraktiv für viele Franzosen, die sich übergangen fühlen und in „Marine“ so etwas wie eine „Rächerin der Enterbten“ sehen.
Daher wählen heute auch frühere linke Stammwählerschichten wie Arbeiter und Arbeitslose mehrheitlich FN. Mit seiner radikalen Ablehnung des Euro, der EU und des „Systems“ zieht er zudem einstige Sympathisanten der antikapitalistischen Linken an.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen