Frische Reize beim Flanieren: Endlich eine neue Sohlenhaptik
Der Spaziergang als modus operandi der Pandemie war doch etwas öde geworden. Schnee, Eis und Nebel sorgen für lange ersehnte Abwechslung.
W as so ein Buchstabe alles verändern kann. Vor knapp 20 Jahren dämmerte den Deutschen, dass der Euro zum Teuro würde. Und nun wurde auf einmal der Lockdown zum Flockdown. Ein Segen!
Wenn einem nur noch die eigene Wohnung und die Gegend drumherum bleiben, dann geiert man umso stärker auf jede Kleinigkeit, die sich in diesem kleinen Kosmos tut. Bloß: Da war nix mehr in den letzten Monaten. Graue, austauschbare Tage, die Pflanzen schlafen, die Tiere auch. Bis Mitte Dezember blieb mir wenigstens noch die Umgestaltung an der Kreuzung Hobrechtbrücke, wo es alle paar Tage einen Baufortschritt oder eine neue Riesenmaschine zu begucken gab. Seitdem war ich gefühlt gar nicht mehr draußen. Der Spaziergang als gefeierter Modus Operandi der Pandemie hatte ausgedient.
Und nun ein plötzlicher Überfluss an Outdoorreizen. Schneegestöber, tagelang. Alles sieht anders aus, fühlt sich anders an, auch unter den Füßen. Es ist Stapfzeit in Berlin, also stapfe ich: Erst zwei Kilometer zu einer Freundin und zurück, bei –12 Grad, egal. Zwei Tage später dann komplett über das Tempelhofer Feld. Am Paul-Lincke-Ufer schieben zwei Menschen auf Langlaufskiern an mir vorbei. Janz Berlin is eene Loipe.
Das nächste Level heißt Eis. Erst trauen sich nur einige auf den Landwehrkanal, am Samstag ist er dann bumsvoll. Wieder eine neue Sohlenhaptik, wobei der Schnee hier leider hemmt. Unter den Brücken ist es am geilsten. Und die Polizei steht hilflos am Rand und macht leise Durchsagen.
Zum Finale schließlich Neuschnee, Resteis, Nebel. Alles ist möwenfarbig. Eine Herde Feuerwehrleute steht schon mit Kaffeebechern auf der Admiralsbrücke, um bei Einbrüchen im Urbanhafen zuzupacken. Das Tauwetter setzt bereits ein. Was kann jetzt noch kommen? Der Frühling!
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