Friedensbewegung in Südsudan: „Aufhören, unser Volk zu töten“
Südsudanesen machen gegen die Ausbreitung des Bürgerkriegs in ihrem Land mobil. Auch viele Exilanten beteiligen sich an den Aktionen.
BERLIN taz | Sie sammeln sich unter Twitter-Stichworten wie #MyTribeIsSouthSudan (Südsudan ist mein Stamm) oder #iChoosePeace (Ich stimme für Frieden), und sie sind sich einig: Südsudan darf nicht wieder Kriegsgebiet werden. „Ich weigere mich, wieder wegzulaufen“, heißt es da, oder: „Ich habe Juba vor zwei Tagen verlassen, aber mein Schlaf ist voller Alpträume. Familie gespalten.“
Weltweit mobilisieren junge Südsudanesen gegen den neuen Krieg. Viele wuchsen als Flüchtlinge oder Flüchtlingskinder während des jahrzehntelangen Guerillakrieges in der Fremde auf. Und sie setzten große Hoffnung in ihren neuen Staat, als er 2011 endlich unabhängig wurde.
Zum Beispiel Abeny Kuol, die als Kind als Kriegsflüchtling auf abenteuerlichem Wege nach Kanada kam und nach Südsudans Unabhängigkeit die Diaspora-Abteilung der Regierungspartei SPLM (Sudanesische Volksbefreiungsbewegung) leitete. Der Kriegsausbruch überraschte sie in Juba. Zurück in Kanada, kurz vor Weihnachten, half sie, ein Exilantentreffen zu organisieren. „Sagt beiden Seiten, sie sollen aufhören, unser Volk zu töten“, war ihre Botschaft.
Zu den zentralen Forderungen solcher Aktivisten gehört der Appell an Regierung und Rebellen im Südsudan, ihre Anhänger zum Ende der ethnischen Tötungen aufzurufen – bisher verhallt dieser Appell ungehört. Ein wichtiges Instrument, um solche Forderungen in der Heimat zu verbreiten, sind die Kirchen – Südsudan ist ein christlich geprägtes Land, der Widerstand gegen das islamische Scharia-Recht gehört zur Geschichte des Befreiungskampfes.
In ganz Südsudan waren Weihnachtsgottesdienste jetzt Anlässe für Friedenspredigten. Der katholische Weihbischof von Juba, Santo Loku Pio, warnte vor einem Untergang Südsudans in Zwist und Gewalt nach dem Muster des alttestamentarischen Königreichs Israel.
Die Angst vor Südsudans Zerfall ist auch unter Demokraten im benachbarten Sudan groß. 26 Organisationen aus beiden Staaten riefen jetzt gemeinsam die Führung Südsudans zum Gewaltverzicht, zur Freilassung politischer Gefangener und zu einem „Prozess der nationalen Versöhnung und des politischen Dialogs“ auf. Die Nachbarländer sollten diesen Prozess unterstützen.
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