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Friedel 54 nach der RäumungSuche nach einem Exil

Die Linke möchte dem Kiezladen Ersatzräume verschaffen und den Polizeieinsatz aufklären. Für die Mieter des Hauses wird es brenzlig.

Die Solidarität mit dem Kiezladen ist in der Nachbarschaft groß Foto: dpa

Berlin taz | Drei Wochen nach der Zwangsräumung des Kiezladens in der Friedelstraße 54 Zwangsräumung des Kiezladens in der Friedelstraße 54 sind Mieter und die Politik weiter mit den Folgen des Einsatzes beschäftigt. In einem Antrag an die Bezirksverordnetenversammlung fordert die Neuköllner Linkspartei Ersatzräumlichkeiten: Das Be­zirks­amt wird „gebeten, sich dafür einzusetzen, dass dem Friedel-Kollektiv samt mitnutzenden Kiezinitiativen in der Nähe des bisherigen Standortes neue Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt werden“, heißt es in dem Antrag.

Marlis Fuhrmann, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Neuköllner Linksfraktion, sieht hierbei kommunale Wohnungsbaugesellschaften wie die „Stadt und Land“ in der Pflicht. Darüber hinaus seien alle Berliner Abgeordneten der Linkspartei aufgerufen, nach geeigneten Objekten Ausschau zu halten.

Friedel-Sprecher Matthias Sander betonte die „Notwendigkeit eines sozialen Zentrums in Neukölln“, sagte aber auch, es könne „keinen Ersatz für die Friedel 54“ geben – diese sei untrennbar mit dem Standort verbunden. Das Ziel sei weiterhin, dass das „Haus in die Hände der MieterInnen und NutzerInnen fällt“, so Sander.

Vorerst aber scheint sich die Situation der Mieter zu verschärfen. Mehreren Parteien wurde laut Sander nach der Räumung wegen aufgehängter Transparente mit fristloser Kündigung sowie Schadenersatzforderungen gedroht. Darüber hi­naus kritisieren die Mieter, dass sich die Hausverwaltung nicht ausreichend um die Beseitigung der Folgen der mithilfe von 500 Polizisten durchgesetzten Räumung gekümmert habe. Schäden, auch an Privatgegenständen wie Fahrrädern oder Kinderwägen, seien nicht ersetzt worden.

Auch im Abgeordnetenhaus wird die Friedel 54 noch einmal Thema. Die Innenpolitiker der Linksfraktion haben in fünf Anfragen mehr als 50 Fragen zum Polizeieinsatz an den Senat gestellt, darunter zu eingesetzten Zivilbeamten, Vorfällen von Polizeigewalt, der Behinderung der Arbeit von Journalisten, Anwälten und Sanitätern sowie dem angeblich unter Strom gesetzten Türknauf. Der Abgeordnete Hakan Taş, der den Einsatz bereits scharf kritisierte, kün­digte „ein ­parlamentarisches Nachspiel“ an.

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