Freitaler „Terrorgruppe“ vor Gericht: Ein Prozess in großem Stil
Am Dienstag beginnt der Prozess gegen jene Rechte, die eine Gewaltserie in Freital verübten. Dafür wurde extra ein Saal mit Symbolcharakter gebaut.
Schon der Ort der Verhandlung hat Symbolcharakter: In einer im Bau befindlichen Flüchtlingsunterkunft hat das Oberlandesgericht Dresden den Prozess einquartiert. Die eigenen Sitzungssäle wurden für zu klein befunden. Für das „zu erwartende große öffentliche Interesse“ seien diese „nicht geeignet“, so das Gericht. Nun wurde für 5,5 Millionen Euro ein eigener Hochsicherheitssaal gebaut. 152 Zuhörerplätze wird er fassen – mehr als im Münchner NSU-Prozess.
Ab Juli 2015 sollen sich die angeklagten sieben Männer und eine Frau, 19 bis 39 Jahre alt, zusammengetan haben. Laut Anklage zündeten sie vor zwei Flüchtlingsunterkünften Sprengsätze. Ein Syrer erlitt dabei Schnittwunden im Gesicht. Zudem soll die Gruppe einen Angriff auf ein linkes Wohnprojekt in Dresden verübt haben. Auch das Auto eines Linken-Stadtrats wurde gesprengt, dessen Parteibüro wiederholt attackiert.
Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hatte zunächst keine organisierte Gruppe gesehen und wollte alle Taten einzeln anklagen. Dann zog die Bundesanwaltschaft den Fall an sich – und erhob Anklage wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung, versuchten Mordes und anderer Delikte. Damit werden mutmaßliche Angreifer von Flüchtlingsunterkünften erstmals unter dem Vorwurf des Terrorismus angeklagt. Seit 2014 ist die Zahl der Angriff kräftig gestiegen.
„Hier wurden Menschenleben riskiert“
Der Freitaler Gruppe ging es darum, ein „Klima der Angst“ zu schaffen, heißt es in der Anklage. Die Tötung von Menschen habe sie „billigend in Kauf genommen“. Als Rädelsführer hat die Bundesanwaltschaft Timo S., einen Busfahrer, und Patrick F., einen Pizzalieferanten, ausgemacht. Beide hielten schon seit Längerem Kontakte in die rechte Szene.
Die Verteidiger kritisieren die Anklage als überzogen. Die Taten seien „fraglos strafbar“, sagt Endrik Wilhelm, Anwalt der angeklagten Maria K. „Es bleibt aber der Eindruck, dass hier ein Exempel statuiert werden soll.“ Mit einem „Wahnsinnsaufwand“ werde gegen die Gruppe vorgegangen, so Wilhelm. Das stehe in keinem Verhältnis zu den überschaubaren Schäden. Die Angeklagten seien weder Terroristen, noch habe es Mordabsichten gegeben.
Anwältin Kristin Pietzyrk, die einen Flüchtling vertritt, der bei einem der Anschläge verletzt wurde, widerspricht. Die Gruppe habe ihre Taten aus einer rassistischen Motivation heraus begangen und genau geplant. „Hier wurden Menschenleben riskiert“, sagt Pietrzyk. „Die Terroranklage ist mehr als angemessen.“
Die Bundesanwaltschaft gründet ihre Anklage auf interne Chatprotokolle der Gruppe und Geständnisse mehrerer Beschuldigter. Im Prozess wollen einige von ihnen dennoch vorerst schweigen. Die Verhandlung kann deshalb dauern: Schon jetzt sind 62 Prozesstage bis September angesetzt.
Im Fall einer Verurteilung drohen den Angeklagten mehrjährige Haftstrafen. Nach Prozessende wird der nun genutzte Verhandlungssaal wieder umgewidmet: Als Speisesaal der künftigen Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge.
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