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Freispruch für ungarische KamerafrauNur eine Bagatelle

Die Bilder gingen um die Welt: Eine ungarische Kamerafrau tritt auf Flüchtlinge ein. Jetzt hob ein Gericht die Verurteilung wegen Landfriedensbruchs auf.

Auf einem Video ist deutlich zu sehen, wie die Kamerafrau den Flüchtlingen zusetzt Foto: Stephan Richter/Mediengruppe RTL/dpa

Budapest dpa | Ungarns Oberster Gerichtshof (OGH) hat eine Kamerafrau freigesprochen, die im September 2015 während der Arbeit absichtlich nach davonlaufenden Flüchtlingen getreten hatte. Im Oktober des Vorjahrs war Petra Laszlo noch wegen Landfriedensbruchs rechtskräftig zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Das Gericht hob das Urteil am Dienstag in einem Revisionsverfahren jedoch auf, wie das Portal „magyarhang.org“ berichtete.

Laszlo, die damals für den zur rechtsradikalen Jobbik-Partei gehörenden Internet-Fernsehsender N1TV arbeitete, hatte auf dem Höhepunkt der Flüchtlingsbewegung nach Europa mit ihrem Verhalten Empörung ausgelöst.

Videos anderer Journalisten zeigten, wie sie einem Flüchtling mit einem Kind im Arm ein Bein stellte, woraufhin dieser samt Kind zu Boden fiel. Außerdem war zu sehen, wie sie einem kleinen Mädchen gegen das Schienbein trat.

Der Jobbik-Sender kündigte ihr daraufhin. Später entschuldigte sich die heute 42-Jährige, behauptete aber zugleich, nur aus Angst vor den Flüchtlingen so gehandelt zu haben. Diese hatten im Grenzort Röszke bei Szeged eine Absperrung ungarischer Grenzpolizisten durchbrochen. Später fand Laszlo Arbeit bei Medien, die der rechts-nationalen Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban nahestehen.

Den Freispruch im Revisionsverfahren begründeten die OGH-Richter damit, dass Laszlos Vergehen nicht den Straftatbestand des Landfriedensbruches erfüllt habe. Zu diesem hätte gehört, dass die Tat die öffentliche Ruhe und Ordnung störe, was bei Laszlos Vergehen nicht der Fall gewesen sei. Bei der Tat der Kamerafrau habe es sich vielmehr um ein Ordnungsvergehen gehandelt. Dieses sei aber inzwischen verjährt.

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2 Kommentare

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  • Das Leid das Petra Laszlo den Betroffenen zufügt spricht in aller Deutlichkeit für sich.



    Genau so wie es für sich spricht, wie man in Ungarn dieses zwischenmenschliche Verhalten bewertet.



    Merkwürdig, eigentlich sieht und weisst doch jede und jeder, dass es so echt nicht geht.

  • Frauen sind nicht die besseren Menschen

    Es ist auch eine der Legenden aus der bürgerlichen Frauenbewegung, Frauen wären per se die besseren Menschen. Zweifelsfrei werden Frauen weltweit in der Realität ihrer jeweiligen Klassengesellschaft von Männern und Frauen unterdrückt, bevormundet und auch im vorgeblich ''freiheitlichen'', ''demokratischen'' und ''menschenrechtlichen'' Deutschland beim Arbeitslohn und bei der Altersrente schwer benachteiligt und anhaltend diskriminiert. Auch müssen sie weiterhin vorrangig die Familienarbeit leisten, ohne angemessene Unterstützung durch Patriarchen und Schwiegermutter.

    Zugleich aber würden die realen Gewaltverhältnisse, wie gewalttätigen Regime, auf allen Ebenen der Gesellschaft, nicht existieren können, würden sie nicht auch von Frauen (mehrheitlich) unterstützt werden (siehe doch auch nur aktuell nach Brasilien). Natürlich lies sich darauf verweisen, das Patriarchat habe das selbständige Denken der Frau verunmöglicht, daher folge auch die Frau in ihren Entscheidungen dem Mann. Zweifellos gibt es auch immer noch solche Verhaltensweisen, so in Trumps Amerika, wie auch in Indien, in China und Japan, als auch bei Bürgern mit migrantischen Hintergrund in Deutschland, das darf aber nicht dazu führen, Frauen generell selbständiges Denken und Entscheidungsfähigkeit abzusprechen.

    Für die Emanzipation der Frau, aber auch für die des geistig unmündigen Mannes und zugleich vormundschaftlichen Patriarchen, gilt auch im 21. Jahrhundert die Ausführung von Clara Zetkin wie folgt:

    ''Gewalt lässt sich nicht wegdisputieren und nicht wegbeten. Gewalt kann nur durch Gewalt gebrochen werden. Das sprechen wir Kommunisten offen aus, nicht weil wir ‘Anbeter der Gewalt’ sind, wie sanfte bürgerliche und sozialdemokratische pazifistische Gemüter uns beschuldigen. Nein, wir beten die Gewalt nicht an, jedoch wir rechnen mit ihr, weil wir mit ihr rechnen müssen. Sie ist da und spielt ihre geschichtliche Rolle, ob wir wollen oder nicht. {...}''