Freispruch für Ex-Minister Tapie: Überraschung in der Adidas-Affäre
Der ehemalige Minister Tapie wird in der Adidas-Affäre freigesprochen. Damit ist die designierte EZB-Chefin Lagarde die einzige Verurteilte.
Das Gericht kam nun zum Schluss, es gebe keine Beweise für die Anschuldigungen. Damit bleibt die bisherige IWF-Chefin und designierte EZB-Präsident Christine Lagarde die einzige Verurteilte in der komplizierten Geschichte.
Der frühere Chef des Fußballklubs Olympique Marseille hatte sich beim Verkauf von Adidas-Anteilen Anfang der 1990er Jahre von der damaligen Staatsbank Crédit Lyonnais geprellt gesehen und geklagt. In einem Schiedsverfahren bekam Tapie 2008 mehr als 400 Millionen Euro Entschädigung zugesprochen. Um Veruntreuung öffentlicher Mittel geht es, weil die Entschädigung letztlich aus der Staatskasse kam.
Der heute 76-Jährige liegt mit Magen- und Speiseröhrenkrebs im Krankenhaus. Am Telefon soll Tapie seinem Anwalt gesagt haben, der Freispruch sei für ihn „die beste Chemotherapie“. Im März hatte er noch sehr aktiv am Prozess teilgenommen. „Es ist der Kampf meines Lebens“, hatte er dazu gesagt.
Schiedsgericht urteilte für französischen Staat nachteilig
Trotz des Freispruchs muss Tapie nun das Geld zurückzahlen. Es geht um insgesamt 403 Millionen Euro, die ihm das Schiedsgericht 2008 zugesprochen hatte, samt Zinsen sowie 45 Millionen Euro, die ihm als „moralische Genugtuung“ zugesprochen worden waren. Denn dieser Entscheid ist im Jahr 2015 zivilrechtlich wegen Unstimmigkeiten und Zweifeln an der Unparteilichkeit eines Richters für ungültig erklärt worden.
Von enormer Bedeutung war der Freispruch auch für den derzeitigen Vorsitzenden des Mobilfunkanbieters Orange, Stéphane Richard. Ihm war Komplizenschaft vorgeworfen worden. Richard war 2008 Kabinettchef der damaligen Wirtschaftsministerin Christine Lagarde – die in der vergangenen Woche als EZB-Chefin nominiert worden ist. Lagarde wollte damals nichts gegen ein Schiedsgericht einwenden, das für den französischen Staat einen sehr nachteiligen und für den umstrittenen Financier Tapie sehr vorteilhaften Entscheid fällte.
Weil die damalige Finanzministerin zudem keinen Rekurs einlegte, sondern im Gegenteil Tapie eine steuerfreie Genugtuung gewährte, wurde sie 2016 von einem Sondergericht für Regierungsmitglieder für schuldig befunden, fahrlässig zur Veruntreuung von Staatsgeldern beigetragen zu haben. Sie blieb zwar straffrei – ist aber in dieser komplizierten Affäre die Einzige, die strafrechtlich verurteilt wurde. Ihr Anwalt teilte mit, sie erwäge einen Revisionsverfahren.
Trotz der verständlichen Erleichterung der freigesprochenen Angeklagten bleibt nach einem seit 25 Jahren dauernden Streit um den Verkauf des Sportartikelkonzerns Adidas durch Tapie und die Staatsbank Crédit Lyonnais ein schaler Nachgeschmack. In Frankreich hatte die Adidas-Affäre für große Empörung gesorgt: Tapie, der vor Gerichten erfolglos auf Schadenersatz geklagt hatte, weil er behauptete, seine Bank habe ihn hinterrücks um einen Mehrwert beim Verkauf von Adidas betrogen, unterstützte 2007 öffentlich die Wahl von Staatspräsident Nicolas Sarkozy – dessen Kabinett und Ministerin Lagarde danach dem Schiedsgericht zustimmten.
Da in Frankreich der Staatschef eine umfassende strafrechtliche Immunität für eventuelle Vergehen während seiner Amtszeit genießt, konnte Sarkozy in dieser Sache weder befragt noch belangt werden. Umgekehrt setzte sein sozialistischer Nachfolger, François Hollande, alle Hebel in Bewegung, um das Schiedsgericht für ungültig erklären zu lassen und gegen Tapie und seine angebliche Begünstigung gerichtlich vorzugehen.
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