Freigesprochene Christin aus Pakistan: Asia Bibi in Kanada eingetroffen
Sie saß jahrelang im Gefängnis, weil ihr wegen Blasphemie die Todesstrafe drohte. Ein Jahr nach ihrem Freispruch hat Asia Bibi Pakistan verlassen.
Asia Bibi hatte seit 2009 in Pakistan im Gefängnis gesessen, seit 2010 in der Todeszelle. Sie war von muslimischen Nachbarinnen in ihrem Dorf im Punjab der Gotteslästerung beschuldigt und daraufhin zum Tode verurteilt worden. Vorausgegangen war ein Streit über einen Wasserkrug während der Feldarbeit. Nach Aussage von Nachbarinnen beleidigte die fünffache Mutter dabei den Propheten Mohammed, was Asia Bibi bestreitet.
Später sorgte der Imam des Dorfes dafür, dass sie angeklagt wurde. Auf Gotteslästerung steht in Pakistan die Todesstrafe. Radikale Islamisten bedrohen Angeklagte in Blasphemiefällen sowieso oft mit dem Tod und setzen Richter unter Druck, unbedingt Todesurteile zu verhängen. Ein Provinzgouverneur und ein Minister, die sich für Asia Bibi eingesetzt hatten, wurden ermordet.
Anwälte gehen ein hohes persönliches Risiko ein, wenn sie Angeklagte in Blasphemiefällen verteidigen. Oft richtet sich der Vorwurf der Gotteslästerung gegen Angehörige religiöser Minderheiten. In der Hälfte der Fälle sind das Christen, die in Pakistan keine zwei Prozent der Bevölkerung ausmachen. Der Blasphemievorwurf wird oft auch in persönlichen Auseinandersetzungen als Druckmittel missbraucht.
Islamistem könnten ihr nachstellen
Nachdem Asia Bibi am 1. November letzten Jahres freigesprochen war, demonstrierten tagelang Islamisten dagegen und blockierten wichtige Straßen. Sie drohten Bibi zu töten. Die Regierung sperrte sie an einem unbekannten Ort weiter ein. Ihr Anwalt suchte zeitweilig Schutz in den Niederlanden. Mehrfach gab es unbestätigte Berichte, Bibi sei ins Ausland geflohen.
Jetzt schreiben pakistanische Medien, Asia Bibi habe seit April ein Visum für Kanada. Dort leben inzwischen zwei ihrer Töchter. Wo genau ist unklar. Denn auch dort könnten Islamisten ihr nachstellen. Auch in Deutschland hatte es Forderungen gegeben, ihr Asyl anzubieten. Asia Bibis Schicksal als verfolgte Christin rührte sogar AfDler.
In Pakistan hatte Militärdiktator Zia-ul-Haq ab Ende der 70er-Jahre radikale Islamisten gefördert. Deren Terror prägt heute die Stimmung im Land. Religiöse Intoleranz richtet sich inzwischen auch gegen Minderheiten im Islam. Ein Beispiel dafür ist der Selbstmordanschlag auf einen Sufi-Schrein in der östlichen Metropole Lahore, bei dem am Mittwoch zehn Menschen getötet wurden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Comeback der K-Gruppen
Ein Heilsversprechen für junge Kader
Liberale in der „D-Day“-Krise
Marco Buschmann folgt Djir-Sarai als FDP-Generalsekretär