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Freie Mitarbeiter streiken beim RBBAktion Fernsehstau

Beim Sender RBB fallen diese Woche Sendungen aus, weil freie Beschäftigte die Arbeit niederlegen. Sie fordern „Bestandsschutz“.

Der RBB in Berlin: Knapp 400 Freie beteiligen sich an der Aktion und legen die Arbeit nieder Foto: K-H Spremberg/imago

Berlin taz | Viele freie Beschäftigte haben beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) diese Woche die Arbeit niedergelegt. Mehrere Sendungen im Hauptprogramm des RBB-Fernsehens mussten deshalb ausfallen. Die Freien fordern einen Tarifvertrag und unter anderem einen Bestandsschutz nach sechs Jahren Tätigkeit.

Die Abendsendung „ZIBB“ fällt aufgrund der Aktion seit Montag aus und wird durch Wiederholungen ersetzt. Ebenfalls ausfallen mussten die Nachrichten um 13 Uhr, dies wird laut RBB die ganze Woche so bleiben. Die „rbb24“-Ausgaben um 21.45 Uhr werden von 30 auf 15 Minuten verkürzt. Ansonsten sind Einzelbeiträge in bestimmten Sendestrecken betroffen. Zum Teil übernehmen Festangestellte das Programm.

Nach Angaben der Freienvertretung im RBB beteiligten sich knapp 400 Freie an der Aktion, der RBB bestätigt diese Zahl aber nicht. Es handelt sich zudem nicht um einen „Streik“ nach gängiger Definition, weil kein Arbeitskampf herrscht. Die teilnehmenden Freien haben für die laufende Woche schlicht keine Schichten angeboten oder ließen sich im Arbeitsplan sperren.

Die Freien fordern gleiche Bezahlung, wenn sie vergleichbare Tätigkeiten wie Festangestellte ausüben. Außerdem wenden sie sich gegen Kürzungen im Programm. Zudem fordern sie einen „Bestandsschutz“ für langjährig Beschäftigte beim Sender. Einen solchen Bestandsschutz gibt es bislang nur für Freie im Bereich Technik, nicht im Programmbereich. Die RBB-Freien nehmen als Vorbild den Südwestrundfunk (SWR), wo nach sechs Jahren freier Beschäftigung eine so genannte unbefristete Beschäftigungssicherung greift.

Programmdirektor zeigt Verständnis

Damit hätte eine freie Mit­ar­bei­te­r*in nach sechs Jahren einen ähnlichen Kündigungsschutz wie fest Angestellte. Nach Informationen der taz ist seitens des RBB statt sechs Jahren eine Mindestbeschäftigung von zwanzig Jahren im Gespräch. Der Sender möchte dies aber mit Verweis auf laufende Verhandlungen weder bestätigen noch dementieren.

Es gibt auch jetzt schon gewisse Schutzklauseln für Freie beim RBB wie Ankündigungsfristen und Ausgleichszahlungen. Den Freien reicht das aber nicht. „In der digitalen Entwicklung muss man mit den Freien ganz anders arbeiten“, sagt Tomas Fitzel, Freiensprecher beim Sender RBB Kultur. Dazu gehöre, dass die Jour­na­lis­t*in­nen ihre Inhalte für verschiedenste Kanäle zur Verfügung stellten. Im Austausch verlangen die Freien den Bestandsschutz. Fitzel sagt: „Wenn diejenigen, die das Programm machen, immer in einer Position sind, wo sie durch Kritikäußerung die eigene Zukunft gefährden – wie kann ein Sender da ein mutiges Programm machen?“

RBB-Programmdirektor Jan Schulte-Kellinghaus sagt auf Anfrage, der Sender sei sich in allen von den Freien angesprochenen Punkten seiner sozialen Verpflichtung bewusst. „Entsprechend haben wir mit den Gewerkschaften bereits Gespräche aufgenommen und signalisiert, dass wir langjährige freie Kolleginnen und Kollegen gern besser absichern würden.“ Hier und bei der Frage der Honorierung sei der Sender gesprächsbereit. „Wir bedauern mögliche Einschränkungen im Programm und hoffen auf eine schnelle Fortsetzung der Verhandlungen.“

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5 Kommentare

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  • Die festen in den Sendeanstalten verdienen so gut, dass sie sich von Freien ersetzen lassen, wann es ihnen danach ist. Mal eine Woche länger in Urlaub, mal hie und da frei machen für private Angelegenheiten. Die Freien stehen in der Warteschlange und tun das oft über viele Jahre ohne dass sich an ihrem Status etwas ändert. Ich war auch mal so eine FReie bei der ARD und wunderte mich über die üppigen Gehälter. Nahm das damals über einen begrenzten Zeitraum mit, hielt es für ungerecht. Verstehe den Aufstand sehr gut. Die Festen müssen runter vom hohen Ross, die leitenden RedakteurInnen und die Programmdirektoren sind erst recht überbezahlt, wenn man es mit JournalistInnen aus dem Print vergleicht. Aber sie haben ja die Garantie, dass das Geld fließt. Dafür liefern sie jede Menge Quiz und ganz viel In aller Freundschaft, jeden Tag noch eine Sendung gegen den Klimaschutz: Verrückt nach Meer, eine WErbesendung für Kreuzfahrten. Seit Jahren!!!

  • Das RBB gibt jedes Jahr 90 € je Bürger in Berlin+Brandenburg aus. Da sind ARD, ZDF und DW noch nicht eingerechnet.



    Zum Vergleich sind es 60 € je Bürger beim BBC in Großbritannien.

    Die Löhne sind sehr üppig:



    Redakteur/in 4.200 bis 8.700 €



    Sekretär/in 4.400 bis 5.760 €



    freie Mitarbeiter/in 4.650 €

    Das RBB gibt jedes Jahr Millionen Euro mehr aus, als er einnimmt. Sehr viel Geld geht auch in die überhöhten Pensionen.

    Als logische Folge müsste man den Personalstab verkleinern. Aber es ist natürlich einfacher die GEZ-Gebühren anzuheben.

    Quelle Löhne: www.rbb-online.de/...nalkennzahlen.html



    Quelle Pensionen: www.faz.net/aktuel...talt-14043338.html

    • @Alexander Schmidt:

      Nur geht es im Artikel darum gar nicht. Es geht darum, dass abhängig Beschäftigte Kündigungsschutz und gleiche Bezahlung wollen egal, wie das Beschäftigungsverhältnis zustande gekommen ist.

      Es ist mir absolut unbegreiflich, dass wir diese Ungleichheit wieder eingeführt und ausgebaut haben und man sich als öffentlich rechtlicher Sender hinstellen kann und großväterlich staatsmännisch über "Lösungen" fabulieren kann ohne dass einem dafür eine Wagenladung Kuhfladen vor der Tür abgeladen wird. Dieses Verhalten ist zutiefst asozial und einer Firma, die quasi zu 100% von einer sozialen Abgabe finanziert wird unwürdig und indiskutabel.

      • @nanymouso:

        Das Radio Berlin Brandenburg hat jahrelang über seine Verhältnisse gelebt.

        Wie Sie selbst sagen, hat es auch zu viele freie Mitarbeiter, die zwar überdurschnittlich bezahlt sind, aber gekündigt werden können.

        Dafür ist *jetzt* der richtige Zeitpunkt.

        Man kann nicht mit den Fehlern von gestern die Fehler von heute entschuldigen.

        • @Alexander Schmidt:

          Es gibt einige Mißverständnisse bei Ihnen... es gab und gibt bei den freien MitarbeiterInnen schon seit vielen Jahren drastische Einschnitte und Kürzungen.

          Der Reformstau der ÖR ist also ganz sicher nicht bei den Freien sondern im "Inneren" der Sendeanstalten zu suchen. Da gibt es u.a. die fehlende Bereitschaft (oder Kompetenz) interne Bürokratie und extreme Hierarchien abzubauen: es ist halt sehr viel einfacher bei den unsicher freiberuflich Arbeitenden zu sparen, zu reformieren, mehr Effizienz einzufordern und die Arbeit zu versdichten, als man dies im inneren Kreis tun kann.

          Die erklärte Ansage der RBB Intendanz ist es außerdem, mit weniger Personal mehr Programm zu produzieren. Das an diesem Plan irgendwas nicht stimmt sollte jedem klar sein. Solange die ÖR nicht anfangen ihre internen Strukturen - und das betrifft in erster Linie die Festangestellten - ganz grundlegend zu reformieren, ist dieser Karren weiterhin auf der Fahrt gegen die Wand.