Freie Grundschulwahl in NRW: „Gleich und gleich gesellt sich gern“
Seit 2008 dürfen Eltern in NRW selbst bestimmen, welche Grundschule ihr Kind besucht. Eine Studie bemängelt, dass das zur Trennung zwischen Schichten verstärkt.
Die Studie mit dem Titel „Gleich und gleich gesellt sich gern“ wurde im Auftrag der Stiftung vom Zentrum für interdisziplinäre Regionalforschung (ZEFIR) an der Ruhr-Universität Bochum und der Stadt Mülheim/Ruhr erarbeitet. Die damals in NRW regierende CDU/FDP-Koalition hatte die Bindung an die Bezirke aufgehoben, um den Eltern mehr Wahlmöglichkeiten zu bieten und die Grundschulen durch verstärkte Konkurrenz um Schülerzahlen zu einer Qualitätsverbesserung zu animieren.
Die Bertelsmann Stiftung geht davon aus, dass die Ergebnisse exemplarisch für Schulen in Ballungsgebieten sind. Eine Wahlfreiheit bei Grundschulen gibt es in Deutschland nach Angaben der Stiftung auf Länderebene außer in NRW bislang nur in Hamburg. In anderen Bundesländern werde es aber stark diskutiert.
Während zu Zeiten verbindlicher Bezirke in Mülheim unter anderem durch Ausnahmegenehmigungen etwa 10 Prozent der Kinder eine andere als die zuständige Grundschule besuchten, habe sich der Anteil 2011/12 bei gut 25 Prozent eingependelt. Auch in den folgenden Jahren sei es bei diesem Wert geblieben mit leicht steigender Tendenz im Jahr 2015, sagte eine Sprecherin der Stiftung. „Die Wahlentscheidung der Eltern ist abhängig vom Sozialstatus der Schule und vom sozialen Hintergrund der Eltern“, stellt die Stiftung fest. Wenn die zuständige Gemeinschaftsgrundschule sozial benachteiligt ist, wählten Eltern häufiger eine andere Schule.
Studienautor Thomas Groos fand heraus, dass Eltern mit niedrigem Bildungsstatus und Eltern mit Migrationshintergrund häufiger die nahegelegene Grundschule wählen. „Diese Familien sind in der Regel weniger mobil und bleiben meist in ihrem Wohnbezirk.“ Vor allem Eltern mit mittlerem Sozialstatus nähmen die freie Schulwahl in Anspruch. Eltern mit hohem Sozialstatus machten davon seltener Gebrauch, da sie meist in sozial homogenen Einzugsbereichen wohnten.
Groos schlägt vor, die soziale Struktur der Schulen über einen sogenannten Sozialindex transparent zu machen. Dann könnten benachteiligte Schulen in sozialen Brennpunkten besser ausgestattet werden etwa mit mehr Lehrern, einem verbindlichen Ausbau der Ganztagsbetreuung und mehr Unterstützung bei Inklusion von behinderten Kindern und Integration von Ausländern. Damit könnten diese Schulen so gut werden, „dass ihre Qualität auch bildungsaffine Eltern überzeugt“.
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